Im abschließenden dritten Teil unserer Mini-Serie werden wir die Themen Einkauf und Logistik etwas näher anschauen.

Wie beschafft ihr eure Produkte? Habt ihr Teams vor Ort in den Produktionsländern, die sich mit Produzenten treffen, Waren begutachten, Qualitäten prüfen und immer wieder erneut verhandeln? Diese Fragen müssen die meisten kleineren Händler wohl eher mit Nein beantworten, denn viele dieser Stellen sind zwar wichtig, aber sind nur ab einer gewissen Größe effizient besetzt. Den Overhead, den man hier erzeugt, muss man sich auch leisten können.

Große Amazon-Händler setzen auf Teams vor Ort. Direkt im Produktionsland werden Produkte entdeckt, geprüft, gekauft und im Idealfall auch direkt nachverhandelt.

Große Einkaufsvolumen ermöglichen günstigere Einkaufspreise, denn wer international verkauft, hat durch den Mengenvorteil auch einen großen Kostenvorteil. Das betrifft sowohl die Menge einzelner Produkte als auch die Gesamtmenge, die ein Unternehmen aus Fernost beschafft. Beides beeinflusst den Kostenfaktor stark. Besitzt ein Unternehmen also mehrere Produkte, können günstigere Verschiffungskonditionen verhandelt werden, z. B. wenn ein ganzer Container gebucht werden kann. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Preisgestaltung der Produkte und somit sowohl auf die Margensituation als auch auf die Wettbewerbsfähigkeit. Nicht nur die Beschaffung eines Produktes ist wichtig, es soll auch die gewünschte Qualität haben. Ist keine Qualitätskontrolle vor Ort möglich, werden Mängel an der Ware erst in Europa entdeckt. Das kostet Zeit und Geld. Neben dem Sourcing ist also eine Stelle für die Qualitätskontrolle direkt im Erzeugerland ebenfalls wichtig und sinnvoll. Probleme können frühzeitigt identifiziert und sofort mit dem Produzenten besprochen werden, bevor die Waren den weiten Weg bis nach Europa zurückgelegt haben.

Neben den Sprachbarrieren unter denen viele Händler zu Leiden haben, die mit kleinen Produktionsstätten in Fernost zusammenarbeiten, führt auch die Zeitverschiebung zu teuren Verzögerungen. Die Kommunikation innerhalb des Landes ist oftmals einfacher und kostengünstiger.

Ein eigenes Lager?

Ein eigenes Lager in Europa aufbauen, ist das sinnvoll? Ja, aber erst ab einem gewissen Volumen. Auch hier gilt, ab dem Überschreiten einer gewissen Schwelle profitiert ihr in vielerlei Hinsicht von einem eigenen Lager.

Ein sehr gutes Beispiel haben wir erst letztes Jahr im April/Mai erlebt. Amazon und seine Fullfillment Center waren pandemiebedingt in einer angespannten Lage. Zum einen haben die FBA-Lager kaum noch Ware entgegengenommen, die nicht zu den essentiellen Waren zählten, und zum anderen war der Ansturm auf den E-Commerce derart stark, dass selbst die professionellsten Logistikzentren an ihre Auslastungsgrenzen gekommen sind. Amazon konnte teilweise seine eigenen Lieferfenster nicht einhalten. An diesem Beispiel wird recht schnell klar, wer von einem eigenen EU-Lager profitiert: große Händler. Diese konnten ihre Listings von FBA auf MFN umstellen und haben damit keine Lieferengpässe gelisteter Produkte. Somit müssen sie keine damit verbundenen Rankingnachteile in Kauf nehmen, sondern können weiterhin gute Verkäufe erzielen. Diesen Vorteil bieten klassische M&A-Dealer in der Regel nicht.

Und damit zurück zur Ausgangfrage: An wen sollt ihr euer Business verkaufen?

Zunächst einmal: Diese Frage muss jeder Händler individuell abwägen und für sich entscheiden. Operativ gesehen haben große Händler hier die Nase vorn. Wenn es euch also vor allem auch darum geht, wie es mit eurem Produkt weitergeht, sind große Händler zu bevorzugen. Diese haben bereits unter Beweis gestellt, dass sie mit den Herausforderungen dieses Geschäftsmodells bestens zurechtkommen und bietet damit die größten Chancen für den langfristigen Erhalt eurer Marke bzw. eures Produktes.