Nachhaltigkeit und steigende Kosten verführen schnell zu der Idee bereits benutzte Kartonage wiederzuverwenden oder – je nach Warengruppe – auf einen Umkarton zu verzichten. Aber ist das so einfach? Spart ihr wirklich dabei und wie bewerten das eure Kunden? Das sind viele Fragen, um die ihr euch nicht drücken solltet.
Es gibt zwei Perspektiven, die Wiederverwendung von Kartonagen zu betrachten. Einmal eine rein prozesstechnische Sichtweise. Also welche Bedeutung und Wirkung eine solche Umstellung in den Logistikprozessen und Kostenstrukturen hat. Und zum anderen stellt sich die Frage, wie eure Kunden auf ›gebrauchte‹ Kartons reagieren? Wird eure Idee angenommen oder irritiert das sogar die Verbraucher?
Betriebswirtschaftliche Überlegungen
Wie viel Prozent an Kartons könnt ihr mit eurem gebrauchten Verpackungsmaterial ersetzen? 40%, 60%, 80%? Das ist die Kernfrage um das Einsparpotenzial zu messen. Genau diese mögliche Ersparnis solltet ihr zunächst herausfinden.
Gebrauchte Kartonagen tragen in der Regel Barcodes oder Adressaufkleber. Um hier ›zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen‹ macht es Sinn, dass ihr selbst recycelbare Aufkleber auf den Kartons aufbringt. Ihr informiert die Kunden, dass ihr nachhaltig handelt und entfernt mögliche andere Daten vom Paket. Aber auch die Aufkleber und deren Aufbringen erzeugt Kosten. Aufkleber kosten circa 0,03 bis 0,08 € bei entsprechender Abnahme. Das Aufbringen der Aufkleber wird circa 10 Sekunden dauern. Bei 20 € Bruttokosten pro Stunde und pro Mitarbeiter, entfallen 0,05 € auf jede Einheit.
Zum Schluss sind natürlich noch die Lagerung und das Handling des benutzten Verpackungsmaterials zu betrachten. Da fängt die Rechnung bereits bei der ›Gewinnung‹ des Kartons an. Hier sollte etwas behutsamer mit dem Material umgegangen werden. Und dann sind da noch die Lagerung, Bereitstellung und Sortierung am Packplatz zu berücksichtigen. Hier lässt sich kaum eine Faustformel errechnen, denn diese Kosten sind abhängig von dem euch zu Verfügung stehenden Platz und der Effizienz der nötigen Arbeitsschritte, wie der Zerlegung der Kartonagen.
Einfacher sind hier Berechnungen, wenn ihr keine Umkartons mehr verwendet, sondern in der Artikelverpackung direkt versendet. Bei diesem Szenario sollten allenfalls nur die Aufkleberkosten hinzuzurechnen sein.
Fazit: Ob es sich wirtschaftlich lohnt, auf bereits benutzte Kartonagen zu setzen, und bei welchen Verpackungsgrößen das in Frage kommt, hängt ausschließlich von einfacher Mathematik ab. Rechnet nach und prüft eure Ergebnisse in der Praxis. Nicht selten kommen dann auch einmal abweichende Zahlen zu Stande! Nicht zu vergessen: Hat die Nachhaltigkeit nicht ggf. auch einen positiven, aber nur schwer messbaren Einfluss auf eure Marketing-KPI? Lasst auch diese Frage nicht unbeantwortet.
Kundenreaktionen: Top oder Flop?
Nehmen eure Kunden eine nachhaltige Lösung an? Finden sie gebrauchte Kartonagen gut, oder empfinden sie eure Lösung als ›billig‹? Ganz klar: Diesen Fragenkomplex müsst ihr beantworten können. Er ist aber auch nur sehr individuell oder je nach Zielgruppe zu betrachten.
Eine Grundüberlegung:
Mit Übergabe der Sendung kommt der Verbraucher erstmals mit euch in Kontakt. Verpackung und Paketbote sind also die ersten Punkte, die euer Kunde von euch wahrnimmt.
»Für 75 Prozent der befragten E-Commerce-Kunden gehört die vollständige Recyclingfähigkeit des Materials zu den Eigenschaften, die umweltverträgliche Verpackungen auszeichnen. Damit steht dieses Kriterium an erster Stelle – dicht gefolgt von der Vermeidung von Kunststoff, die 72 Prozent der Umfrageteilnehmer benennen. Den dritten Platz teilen sich zwei Anforderungen: 67 Prozent der Befragten empfindet Verpackungen als umweltverträglich, wenn diese nicht größer sind als es die Ware erfordert. Ein ebenso hoher Anteil der Online-Shopper ist der Ansicht, dass umweltfreundliche Verpackungen aus Recyclingmaterial bestehen sollten. 64 Prozent der Befragten nennen außerdem eine Basis aus nachwachsenden Rohstoffen als Kriterium«, so das Ergebnis einer Umfrage des Verbandes der Wellpappen-Industrie e. V. (VDW).
Damit wissen wir zwar, dass eine nachhaltige Verpackung wichtig ist, jedoch noch nicht, ob Verbraucher auch einer Wiederverwendung zustimmen würden. Dazu werdet ihr eure Verbraucherzielgruppe(-n) selbst befragen müssen. Bedenkt, dass ihr auch eine durchaus heterogene Kundengruppe haben könnt. Wenn ihr also eine grundsätzliche Opportunität in der Verwendung von gebrauchten Verpackungsmaterialien seht, dann wird es entscheidend sein, ob eure Kunden den Weg mitgehen möchten. Ohne eine Messung geht jedoch nichts!
Tut Gutes und teilt es euren Kunden mit.
Nicht jeder Verbraucher wird mit dem Erhalt seiner Ware in einem Produkt- oder gar gebrauchten Karton eine Nachhaltigkeit erkennen. Daher eine Idee: Nutzt einen Aufkleber und weist auf euer ›ökologisches Verantwortungsbewusstsein‹ hin. Idealerweise spendet ihr sogar für jeden Karton/Aufkleber einen Cent-Betrag an eine Stiftung oder einen Verein, um von den Einnahmen bspw. Bäume zu pflanzen.
Klar, nicht in jeder Produktkategorie wird es umsetzbar sein, die Produktverpackung auch als Versandverpackung zu verwenden. Stellt euch einmal vor, ein LEGO-Sammler erhält eine beschädigte oder wiederverwendete Verpackung? Das geht in die Hose!
Lasst die Kunden im Check-out entscheiden und incentiviert. Das bedeutet, ihr lasst dem Kunden die Wahl, welche Verpackung der Ware er möchte. Und natürlich könnt ihr auch Anreize setzen, z. B. durch zusätzliche Rabatte oder den Hinweis auf eure Spende. Nur vergesst eines nicht: Der Schuss kann auch nach hinten losgehen und eure Conversion negativ beeinflussen. Das bedeutet: Ein A/B-Test ist unumgänglich.
Fassen wir zusammen
Die Entscheidung, ob ihr euren Kartons ein zweites Leben einhaucht, hängt von ganz vielen Parametern ab. Nicht alle Kartonagen sind dazu geeignet, wirtschaftlich muss es nicht immer passen und eure Kunden können es abfeiern oder haten. Wir wissen es nicht. Fest steht aber, dass eine solche Entscheidung tief in eure Prozesse und in das Verhältnis zu euren Kunden eingreift. Eine Umstellung ohne vorher definierte Leistungskennzahlen (KPI) und ein gutes A/B-Testing bleibt in jedem Fall fahrlässig!
BTW: Auch die Politik kann unterstützen
Wäre es nicht großartig, wenn wiederverwendete Kartonagen nicht in die Mengenmeldungen gegenüber dem Verpackungsregister einfließen müssten. Das anzuregen wäre doch eine tolle Idee für einen Verband. Huhu BVOH e.V. 😊
Die meisten Kartonverpackungen werden aus wiederverwendeten Rohstoffen hergestellt. Altpapier und Kartonagen werden flächendeckend im ganzen Bundesgebiet eingesammelt und der größte Teil der Bevölkerung beteiligt sich an der Erfassung. Und selbst wenn die alten Kartons in der Müllverbrennung oder in der Landschaft enden, stellen sie dort kein großes Umweltproblem dar, im Gegensatz zu Plastikabfällen.
Als privater Gelegenheitsverkäufer bediene ich mich aus dem Altpapiercontainer. Dieser Ansatz scheidet für gewerbliche Verkäufer wohl aus.
Neben den schon angesprochenen praktischen Problemen bei der Wiederverwendung von Kartons muss die Ökobilanz kritisch betrachtet werden, da für das Einsammeln und die Aufarbeitung von gebrauchten Kartons Energie aufgewandt werden muss. Bereits bei Pfandflaschen kann die Ökobilanz zu Gunsten von Einweggebinden ausfallen, wenn die Transportwege zu lang sind.
Eine Standardisierung der Kartongrößen ist die wichtigste Voraussetzung für die Wiederverwendung von Verpackungen. Hier sind die großen Paketdienstleister gefragt, die noch am ehsten in der Lage sind, bei der Paketzustellung auch leere Kartonagen wieder mitzunehmen.
Ganz neu ist die Idee nicht: in der DDR gab es sogenannte Postmietbehälter, die man von der Post gegen einen Pfand bekommen hat. Der Empfänger musste den leeren Karton innerhalb einer kurzen Frist wieder auf der Post abgeben, und bekam den Pfand zurückerstattet.
Ich sehe am ehsten eine Lösung für B2B, d.h. Firmen, die viel Ware empfangen und verschicken. Dort könnte der Wareneingang die Kartons für eine spätere Wiederverwendung im Versand vorbereiten.
Bei Thema Verpackung würde ich eher Wert auf die Nebensächlichkeiten legen: das verwendete Klebeband und das Füllmaterial. Hier sollte Plastik konsequent verbannt werden. Die ideale Verpackung ist gar keine Verpackung, das heisst Laschen statt Klebeband und Verzicht auf einen zusätzlichen Umkarton.
Bzgl. der Labes haben wir einen Tip. Das Thermopapier kann man mit Wärme behandeln. Bei kleineren Mengen z.B. mit einem normalen Bügeleisen. So werden die Labes geschwärzt und alles wird unkenntlich.
Wenn Sie übrigens mal gebrauchte/wieder verwendbare Kartons im großem Stil benötigen, lade ich sie gerne in unserem Online Shop unter http://www.mueae.de ein. Wir kaufen Kartonsagen, die schon einmal verwendet wurden und/oder aus Überproduktion stammen an. Bereiten die Kartons auf und bieten diese zum Kauf an.
Herr Steier sie treffen mit diesem Beitrag den Nagel auf den Kopf. Wir verkaufen seit nunmehr 15 Jahren Kartonagen, die schon einmal in Gebrauch waren. Dennoch müssen diese lizenziert werden.
Nichts desto trotz gewinnt das Thema Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Daher ist es sicherlich sinnvoll auf gebrauchte Kartons zurückzugreifen. Zumal unsere Kartons nicht teurer als neue Kartons sind.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Ihr Mueae Kartonagen TEAM
Mache ich seit 25 Jahren in meinem Unternehmen, trotzdem muss ich nun pauschal für Verpackungen laut Gesetz zahlen.
” Wäre es nicht großartig, wenn wiederverwendete Kartonagen nicht in die Mengenmeldungen gegenüber dem Verpackungsregister einfließen müssten ”
…bisher Recherchen nach nur möglich, wenn die Verpackung vorher schon einmal registriert war.
Ein 20 Jahre alter Karton von irgend’nem Speicher, Ladenauflösung, etc. zählt da LEIDER nicht mit…
Dann sollte die Politik mal den Staatskonzern Post / DHL (und andere Paketdienste auch) dazu bringen, dass gebrauchte Kartonagen im Schadenfall nicht generell als unzureichende Verpackung betrachtet werden.