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Wann Arbeitnehmer Beihilfen und Unterstützungen in einem Notfall erhalten

Im ersten Teil dieser Miniserie zum Thema „Steuerfreie Zuwendungen für Arbeitnehmer“ haben Sie erfahren, wie Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter Kosten für Arbeitskleidung übernehmen können, ohne dass dem einzelnen Mitarbeiter dafür Kosten oder steuerliche Nachteile entstehen.

In unserem heutigen Beitrag erklären wir Ihnen, wie Sie Ihren Mitarbeitern steuerfreie Beihilfen im Krankheits- oder Unglücksfall gewähren können, welche Voraussetzungen dafür notwendig sind und welche Höchstgrenzen dabei gelten. 

Wann handelt es sich um eine Notsituation?

Damit Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in einer Notsituation mit einer steuerfreien Beihilfe – der sogenannten Notstandsbeihilfe – unterstützen können, muss es sich auch tatsächlich um einen Notfall bzw. eine Notsituation handeln.

Eine solche Notsituation liegt beispielsweise vor, wenn:

  • der Ehepartner des Arbeitnehmers stirbt und er sich jetzt selbst um die Kinder kümmern muss,
  • Ereignisse höherer Gewalt (z.B. Hochwasser oder Sturm) das Haus des Arbeitnehmers schwer beschädigen,
  • der Arbeitnehmer schwer erkrankt und ihm deshalb hohe Kosten für Medikamente oder Therapien entstehen oder
  • der Arbeitnehmer Zahnersatz benötigt und deshalb in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob es sich im Einzelfall tatsächlich um eine Notsituation handelt, für die ein steuerfreier Zuschuss gezahlt werden kann, dann sollten Sie das vorab mit Ihrem zuständigen Finanzamt klären.

Das können Sie über die sogenannte Anrufungsauskunft machen. Das Finanzamt ist dann verpflichtet, Ihnen eine verbindliche Auskunft zu Ihrer steuerrechtlichen Anfrage zu geben und Sie erhalten dadurch Rechtssicherheit bezüglich der steuerfrei gezahlten Zuwendung.

Welche Voraussetzungen müssen für die Gewährung der Notstandsbeihilfe erfüllt sein?

Damit Anspruch auf eine Notfallbeihilfe besteht, muss zuallererst beim Arbeitnehmer ein Notfall vorliegen, der als solcher auch anerkannt ist und beim Arbeitnehmer zu einer finanziellen Belastung führt (siehe vorheriger Punkt).

Darüber hinaus gelten folgende Voraussetzungen, die zur Auszahlung einer Notfallbeihilfe von einem privaten Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer erfüllt sein müssen:

  1. Die Unterstützung muss aus eigenen Mitteln des Arbeitgebers geschaffen worden sein und von einer von ihm rechtlich unabhängigen und mit ausreichender Selbstständigkeit ausgestatteten Stelle gewährt werden (z.B. einer Unterstützungskasse)

oder:

  1. Die Notfallbeihilfe muss aus Beträgen gezahlt werden, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat oder einem anderen Arbeitnehmervertreter ausschließlich zu diesem Zweck überwiesen hat, um mit diesen Beträgen Unterstützungen an Arbeitnehmer zu gewähren, ohne dass der Arbeitgeber darauf Einfluss nehmen kann.

oder:

  1. Die Beihilfe wird vom Arbeitgeber selbst ausgezahlt, allerdings erst nach Anhörung des Betriebsrates oder eines sonstigen Arbeitnehmervertreters und dessen Zustimmung.

Beschäftigt der Betrieb weniger als fünf Arbeitnehmer, dann müssen diese Bedingungen zur Gewährung der Unterstützung nicht erfüllt sein.

Wie hoch können die steuerfreien Zuschüsse und Beihilfen ausfallen?

Der Höchstbetrag für die Zahlung von steuerfreien Beihilfen liegt im Kalenderjahr bei 600 Euro pro Arbeitnehmer.

Bei besonders schweren Notfällen oder wenn sich der Arbeitnehmer in einer wirtschaftlich bedrohlichen Situation befindet, kann die gewährte steuerfreie Notstandsbeihilfe auch den jährlichen Höchstbetrag von 600 Euro übersteigen.

Bei der Beurteilung eines solchen Einzelfalles müssen die persönliche Situation des Arbeitnehmers, dessen Einkommensverhältnisse und die Familiensituation berücksichtigt werden. Eine eventuell drohende oder schon eingetretene Arbeitslosigkeit wird dabei nicht als Notfall anerkannt.

Bei den gewährten steuerfreien Beihilfen kann es sich um Bar- oder Sachzuwendungen handeln.

Im nächsten Teil dieser Miniserie erfahren Sie, welche Möglichkeiten der (steuerfreien) Bezuschussung es für Dienstwohnungen und Dienstwagen gibt

Also schauen Sie weiterhin regelmäßig bei uns vorbei!

Bisher bereits erschienen im Rahmen der Artikelserie:

Weniger beantragte Regelinsolvenzen im Januar 2022

Laut des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland nach vorläufigen Angaben im Januar 2022 um 17,2 % gegenüber Dezember 2021 gesunken. Im Dezember noch waren sie gegenüber dem Vormonat um 18,0 % gestiegen. Durch diverse Sonderregelungen und Wirtschaftshilfen in der Pandemie sind die Zahlen zeitweise deutlich zurück gegangen. Diese Sonderregeln gelten seit Mai 2021 nicht mehr .

Unternehmensinsolvenzen im Detail

So wurden in diesem Monat bei deutschen Amtsgerichten 1094 Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 4,6 % mehr als im November 2020. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg damit seit September 2019 erstmals wieder an. Vor der Corona-Krise im November 2019 war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 22,6 % niedriger. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im November 2021 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen liegen bei rund 0,5 Milliarden Euro. Im November 2020 lagen diese noch bei knapp 1,4 Milliarden Euro.

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im November 2021 im Baugewerbe mit 205 Fällen (November 2020: 162; +26,5 %). Im Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) waren es 172 Verfahren (November 2020: 154; +11,7 %). Bei den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (zum Beispiel Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, Unternehmensberatung, Ingenieurbüros, Forschung und Entwicklung, Werbung und Marktforschung) wurden 115 Insolvenzen gemeldet (November 2020: 122; -5,7 %).

Sonderregelungen durch Corona und Hochwasser

Zu beachten ist hier, dass das Insolvenzgeschehen in den Jahren 2020 und 2021 von Sonderregelungen geprägt war. Von Anfang März 2020 bis Ende 2020 waren es überwiegend überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie.

War die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021 zurück zu führen, war die Insolvenzantragspflicht bis 31. Januar 2022 ausgesetzt.

Verbraucherinsolvenzen massiv angestiegen

Bei den Verbrauchern hingegen sind die Zahlen massiv angestiegen. Die Zahl der Insolvenz hat sich November 2021 mit +181,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat fast verdreifacht. Der starke Anstieg steht im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre. Die Neuregelung gilt seit dem 1. Oktober 2020. Verbraucher können so schneller wirtschaftlich neu anfangen. Man geht davon aus, dass viele Verbraucher mit dem Antrag gewartet haben bis diese Regelung eingetreten ist. Gegenüber November 2019, also vor Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland, stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen im November 2021 um 30,0 %.

Die komplette Statistik kann auf dieser Seite angeschaut werden.

Die steuerlichen Folgen eines Hochwassers

Im Zuge der aktuellen Unwetter stellt sich immer dieselbe Frage – wie geht es weiter?

Nachdem der Schlamm und die Schäden beseitigt sind, kommen die Fragen, an die Betroffene im ersten Moment nicht denken. Ein Aspekt sind Folgen für das berufliche Standbein bis hin zum Gesamtverlust des beruflichen Standbeins. Folgend wollen wir die Lage von Online-Händlern näher betrachten.

Was kann dem Online-Händler im Rahmen derartiger Naturkatastrophen verloren gehen? Neben dem Inventar und den Lagerbeständen können die notwendigen Zoll und umsatzsteuerliche Dokumente Buchführungsunterlagen unwiderruflich verloren gehen.

Inventar und Lagerbestand können bei Totalverlust steuerlich gewinnmindernd abgeschrieben werden.

Besonders schwerwiegend kann der Verlust von Dokumenten aus umsatzsteuerlicher oder Zollsicht sein. Wie immer ist in diesem Fall Eile und Dokumentation geboten. Nach einer Bestandsaufnahme, was an Dokumenten verloren gegangen ist, sollte man sich zeitnah an den Rechnungs- oder Dokumentenaussteller wenden, um eine Kopie oder Zweitschrift zu bekommen.

Was geschieht jedoch mit der Buchführung; fehlende Buchhaltungsunterlagen führen in Betriebsprüfungen regelmäßig zu Schätzungen, diese fallen in der Regel eher Zugunsten der Finanzbehörden aus. Um Problemen entgegenzuwirken wollen wir Betroffenen einige Hinweise an die Hand geben, um die Folgen auf dieser Ebene möglichst gering zu halten.

Eine gute Nachricht vorab, die Oberfinanzdirektion NRW hat mit Schreiben vom 16.07.2021 (AZ. 1915 – 6/48 – V A 3) zur Abmilderung unbilliger Härten veröffentlicht, dass aus dem unwetterbedingten Verlust der Buchführungsunterlagen den Steuerpflichtigen keine steuerlichen Nachteile entstehen sollen. In den meisten Fällen ist dies auch “weit” auszulegen, dies haben auch Unwetter in den vergangenen Jahren bereits gezeigt. Onlinehändler haben in diesem Punkt auch einen Vorteil, da sie ausnahmslos elektronische Aufzeichnungsgeräte benutzen, bei denen entweder alle Bewegungsdaten oder zumindest Anfangs- und Enddaten gegeben sind (Bankbestände, PayPal Bestände, Kreditkartenbestände und so weiter). Somit lässt sich zumindest die Buchhaltung „rückwärts“ aufbereiten und nachvollziehen.

Noch einmal zurück zum Schreiben in der Oberfinanzdirektion: Dazu sollen Betroffene schnell reagieren. Neben der Kontaktaufnahme zum Steuerberater und dem Finanzamt, sollten die Schäden dokumentiert werden und die Verluste nach Möglichkeit direkt benannt werden. Unter Umständen können beschädigte Unterlagen von Spezialisten gerettet werden, hierzu kann man sich u. an die örtlichen IHK´s wenden.

Um dem Totalverlust der Buchführungsunterlagen zu entgehen, erkennen Finanzämter in der Regel auch Rechnungskopien und Zweitschriften sowie Eigenbelege an. Diese sollten jedoch zeitnah besorgt werden.

Um für einen ähnlichen Fall gerüstet zu sein, empfiehlt sich die Digitalisierung der Buchführung.

In Fällen von höherer Gewalt, gibt es die Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR) um den Ersatz von Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens zu erleichtern. Um über den Buchwert liegende Kompensationen von Versicherungen nicht noch ertragsteuerlich berücksichtigen zu müssen, kann eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden, wenn ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird (BFH, Urteil v. 29.4.1999, IV R 7/98, BStBl 1999 II S. 488).

Voraussetzungen dafür ist neben den bereits erwähnten Punkten des Ausscheidens aufgrund höherer Gewalt, die fristgerechte Anschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts und das Führen eines besonderen laufenden Verzeichnisses. Die Frist beträgt eigentlich ein Jahr, kann im Einzelfall angemessen auf bis zu vier Jahre verlängert werden. Dazu muss der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Ersatzbeschaffung noch ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte. Zur Verdeutlichung ein kleines Beispiel:

Der im Betriebsvermögen befindliche PKW mit einem Buchwert von 10.000 € wird im Zuge höherer Gewalt zerstört. Die Versicherung erstattet einen Zeitwert von 20.000 €. Um die 10.000 € stillen Reserven, Differenz zum Buchwert, nicht versteuern zu müssen, können diese auf die Anschaffung des Ersatzwirtschaftsgutes übertragen werden. Im Zuge dessen reduziert sich jedoch die Abschreibung für Abnutzung.

Abschließend noch eine Info, wie Sachspenden steuerlich zu behandeln sind.

Bei unentgeltlich Zuwendungen im Zeitraum vom 15.07. – 31.10.2021 aus einem Unternehmen, wird auf eine Besteuerung als Entnahme im Sinne des § 3 Abs. 1b UStG verzichtet, wenn es sich bei den Entnahmen um

  • Lebensmittel, Tierfutter
  • für den täglichen Bedarf notwendige Güter (insbesondere Hygieneartikel, Reinigungsmittel, Kleidung, Geschirr oder medizinische Produkte)
  • zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses sachdienliche Wirtschaftsgüter (z.B. Pumpen, Werkzeug, Maschinen, usw.)

handelt und diese selbstredend unmittelbar von der Flutkatastrophe Betroffenen zugutekommen.

Sollten Unternehmer zum Zwecke der unentgeltlichen Weitergabe an Menschen in den betroffenen Gebieten derartige Waren kaufen, wird aus Billigkeitsgründen unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG der Vorsteuerabzug gewährt.

Kurz zusammengefasst; Betroffene sollten sämtliche für die Buchhaltung und Steuern relevante Verluste an Aufzeichnungen und Dokumenten zeitnah dokumentieren und den Kontakt zu den Ausstellenden sowie dem Steuerberater und den zuständigen Behörden suchen. Dieses Vorgehen erhöht die Chancen in den Genuss der Auswirkungen des oben zitierten Schreibens der Oberfinanzdirektion zu kommen und negative Steuerfolgen zu verhindern.