Vor dem Amtsgericht München stritten die Familie Geissen und ein Online Händler über die Kosten einer Abmahnung. Das Gericht gab dem Händler Recht. Die Geissens verloren das Verfahren. Was war passiert?
Die Geissens gehen gegen die Veröffentlichung eines Liedtextes von Rapper Jigzaw und Kollegah vor, der ihre Töchter verunglimpft. Sie forderten den Onlinehändler im Rahmen einer Abmahnung auf den Verkauf des Albums >Post Morten< von Rapper Jigzaw zu stoppen. Zuvor hatte die Trash-TV-Familie bereits eine Einstweilige Verfügung gegen den Produzenten des Albums erreicht. Für den Händler war das keine Herausforderung, er teilte telefonisch den Anwälten mit, dass er sein Angebot offline nehme.
Und dann flatterte die Rechnung der Geissen Anwälte ins Haus. Verständlicherweise wollte der Onlinehändler diese nicht bezahlen. Er war der Meinung, dass er sich ja nicht jede Liedzeile seiner angeboten CDs bzw. Tonträger anhören könne. Das sei zu viel des Guten! Seine Rechnung: Bei etwa 2.000 ständig verfügbaren Titeln bei einer Regelspielzeit von 1:30h hätte er über 375 Tage lang jeweils 8 Stunden lang gebraucht, um sämtliche Tonträger anzuhören.
Dieser Auffassung folge auch das Münchener Amtsgericht. Dort heißt es:
“Der Beklagte haftet nicht als Täter einer selbst begangenen Persönlichkeitsrechtsverletzung. […] Weder hatte der Beklagte Kenntnis von dem rechtsverletzenden Inhalt der streitgegenständlichen CD, noch ist vorgetragen, dass er, nachdem er aufgrund der Abmahnung durch die Klägerinnen[…]von der Rechtswidrigkeit erfahren hatte, weiterhin angeboten hätte.[…]
Und weiter:
Zutreffend ist, dass der Beklagte eine Vielzahl von CDs verkauft und ihm diesbezüglich gewisse Prüfpflichten treffen. Dabei kann ihm zugemutet werden, dass er bei Kenntnis von Rechtsverstößen (von Dritten) eine Überprüfung auch im eigenen Rechtskreis dahingehend vornehmen muss, ob es durch seine eigene Handlung zu einer weiteren Verletzung oder einer Vertiefung der Verletzung kommt. (…) Dem Beklagten ist es, erst recht insoweit als er als Störer in Anspruch genommen werden soll, nicht zuzumuten, jede von ihm vertriebene CD oder jeden Titel auf jegliche rechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. […] “Das würde wegen des damit verbundenen immensen Aufwands sein Geschäftsmodell gefährden, das nicht von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt ist. […]“ (Quelle: Pressemitteilung des AG München)
Fazit
Auch wenn das Urteil nur von einem Amtsgericht stammt und es mit Sicherheit nicht richtungsweisend ist, so entlastet es doch sehr den Onlinehandel. Ähnlich wie dieser Fall sollten auch z.B. ähnlich gelagerte Streitigkeiten im Kontext des Re-Commerce bewertet werden. Wir erinnern uns an die reBuy-Suspendierung. Von dieser Entscheidung hätte sich Amazon eine Scheibe abschneiden können.