Vielen Händlern mag es nicht bewusst sein, aber die kriegerischen Handlungen in der Ukraine treffen viele von uns unmittelbar. Händlerkollegen sind beeinträchtigt und uns allen bekannte Dienstleister bangen um ihre Mitarbeitenden. Wortfilter hat mit Betroffenen gesprochen.

Outsourcing: Der Standort Ukraine ist gefragt

Viele Onlineunternehmen haben einen Teil ihres Geschäfts in die Ukraine ausgelagert. Von dort aus wird die IT verwaltet, Softwareentwicklungen vorangetrieben oder aber der Kundenservice sitzt dort. Die Hochburgen sind Lwiw, Kiev oder Charkiv, die zweitgrößte Stadt im Land. Und um diese toben aktuell Kämpfe. Diese Ereignisse treffen also mitten in das Herz der Unternehmer und des Onlinehandels.

»Die Russische Föderation hat unter eindeutiger Verletzung des Völkerrechts die Invasion eines souveränen Staates begonnen. Unsere Gedanken sind beim ukrainischen Volk. Wir teilen ihre tiefe Trauer über die bereits verlorenen Menschenleben. Das ukrainische Volk hat Anspruch auf die Unterstützung aller demokratischen Staaten in ihrem Kampf«, sagt Stephan Tromp, Geschäftsführer des Handelsverbands (HDE) gegenüber Wortfilter.

Vineo Services GmbH

Diana Pöllath ist IT-Unternehmerin und betreibt in Lwiw ein Serviceunternehmen. Sie bedient hauptsächlich deutsche Unternehmen. Von heute auf Morgen war ihre Existenzgrundlage zerstört. »Aber daran kann ich erst später denken. Erstmal muss ich den Menschen helfen«, so Diana im Gespräch mit Florian Kolf vom Handelsblatt.

AUTODOC AG

Im Markt ist seit langem bekannt, dass der Autoteile-Onlineshop sehr stark in der Ukraine vertreten ist. Exklusiv für Wortfilter beantwortete der Pressesprecher des Unternehmens Lutz Kordges Fragen zur aktuellen Situation:

Inwieweit ist die AUTODOC AG von Ukraine Krise betroffen?

AUTODOC hat in der Ukraine rund 1.000 Mitarbeiter, (120 in Kiew, 120 in Charkiv, circa 800 in Odessa.  

Welche Maßnahmen werden ergriffen?

Wir haben schon im November/Dezember 2021 ein konzernweites Krisenteam aufgebaut, dass sich auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet hat. Deshalb konnten wir jetzt schnell reagieren und zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren enge Angehörige mit Bussen aus Charkiv an sichere Ziele in der West-Ukraine transportieren.

Inwieweit beeinflussen die Ereignisse ihr Geschäft 2022?

Der Einfluss auf das Geschäft hängt von der Dauer und dem Verlauf des Konfliktes ab und lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.

ATP Autoteile GmbH

Für ATP Autoteile äußerte sich Geschäftsführer Nikolaus Röver exklusiv gegenüber Wortfilter. Auch sein Unternehmen ist von den schlimmen Ereignissen betroffen:

»Es ist richtig, dass wir über einen externen Outsourcing-Partner, eine deutsche Firma mit einem Standort in Lwiw, in der Ukraine, Serviceleistungen im Backoffice-Bereich für unsere Kunden bis letzten Donnerstag angeboten haben. Wir beschäftigen selbst rund 40 eigene Mitarbeiter in Kirchenthumbach im Customer Care Center, die eng mit den ukrainischen Kolleginnen und Kollegen des Outsourcing-Partners zusammenarbeiten. Aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine und einer expliziten Empfehlung des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie) musste der Service in Lwiw am Donnerstag eingestellt werden. Dadurch kann es derzeit teilweise zu etwas längeren Bearbeitungszeiten im CCC kommen; wir haben rund zehn Mitarbeiter aus Kirchenthumbach aus anderen Abteilungen umdisponiert, um auszuhelfen. Die Lage in der Ukraine ist natürlich schrecklich und unser Mitgefühl gilt den Kollegeninnen und Kollegen aus Lwiw und selbstverständlich auch allen anderen Ukrainern. Der Outsourcing-Partner gibt sich sehr große Mühe, seinen Mitarbeitern zu helfen. Wir als ATP unterstützen ihn dabei bestmöglich und tun, was wir können, um zu helfen«, so Nikolaus Röver, CEO bei ATP Autoteile.

Sellerlogic GmbH

Die meisten Amazon-Händler kennen den Repricer Sellerlogic und seinen Gründer Igor Branopolski. Auch ihm bereiten die Ereignisse als Betroffener Sorgen.

»Wir sind mit unseren Gedanken und Herzen bei unseren Kollegen und Freunden in der Ukraine«, sagt Igor gegenüber Wortfilter.

Kommentar

Wir erleben zurzeit alle eine sehr unsichere Lage. Viele von uns waren mit dem Outsourcing und oder dem Outstaffing in der Lage, vielen Familien in der Ukraine Lohn und Brot zu geben. Es war eine Win-win-Situation für beide Seiten. Nicht zuletzt haben wir auch als Verbraucher von den Standortvorteilen profitieren können. Binnen Stunden haben sich nun ganze Firmen und Services erstmal in Luft aufgelöst und es wurden Existenzen vernichtet.

Um so beeindruckender ist es, mit welcher enormen Empathie und menschlicher Verantwortung hier die betroffenen Unternehmen handeln. Viele Unternehmer:innen und Firmen leisten einen unermüdlichen Einsatz, den Betroffenen jede nur mögliche Hilfe zuteil werden zu lassen. Bei all dem Leid und der Grausamkeit ist es schön, das zu beobachten.