So sieht es das OLG Hamm in seinem Urteil 4 U 7/20 aus Oktober 2020, das die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Bahr nun fand. Also, wenn ihr einen eurer Konkurrenten bei Amazon wegen eines Gesetzes-/Regel-/ToS-Verstoßes meldet, dann stellt eure ›Anzeige‹ kein wettbewerbswidriges Verhalten dar.

Was war passiert?

Ein Händler schwärzte seinen Konkurrenten wegen eines Verstoßes gegen die Energiekennzeichnung an. Der betroffene Händler sah darin wettbewerbsrechtliches Verhalten und mahnte in Folge den ›Anschwärzer‹ ab. Zu Unrecht, meinen die Richter des OLG Hamm.

Grünes Licht!

Das Gericht sah keine Beanstandung, dass der Konkurrent den Händler über Amazon von seinem Verstoß in Kenntnis gesetzt hat. Die Alternative wäre eine direkte Abmahnung gewesen.

»Dass die Klägerin ihre Beschwerde an den Plattformbetreiber aus sachfremden – wettbewerbsfremden – Interessen abgesetzt hat, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin zunächst den Weg der Beschwerde an den Plattformbetreiber gewählt hat, der überdies schnell und effizient zu einer Entfernung der nicht gesetzeskonformen Produktangebote aus dem Internet geführt hat, und nicht sofort eine gegebenenfalls Kostenerstattungsansprüche auslösende Abmahnung ausgesprochen hat, spricht im Gegenteil dafür, dass ihr Vorgehen dem Interesse an einem lauteren, gesetzeskonformen Wettbewerb entsprang.

[…] Dass die Klägerin das sogenannte ›Infringement‹-Verfahren des […] Plattformbetreibers missbraucht hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe dieses Verfahren nicht genutzt, sondern sich vielmehr direkt an die Rechtsabteilung des Plattformbetreibers gewandt. Hierfür spricht auch der Wortlaut der beiden E-Mails vom 11.06.2019 und vom 26.07.2019, in denen von einer Verletzung gewerblicher Schutzrechte nicht die Rede ist, sondern ausdrücklich auf eine Zuwiderhandlung gegen Anhang VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 abgestellt wird.

Das Vorbringen der Beklagten zu einem angeblichen Missbrauch des ›Infringement‹-Verfahrens ist vor diesem Hintergrund substanzlos und geht über bloße Vermutungen nicht hinaus.«

Das sind einmal klare Worte der Richter!  Auch sieht das Gericht keine Herabsetzung oder Verunglimpfung des angeschwärzten Händlers.

»Die Beschwerde der Klägerin […] enthielt auch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Beklagten […] im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG. Die in dieser Beschwerde von der Klägerin geäußerte Rechtsauffassung, die beiden Produktangebote, die Gegenstand der Beschwerde waren und die hier auch nur in Rede stehen, entsprächen nicht den Vorgaben der VO (EU) Nr. 874/2012, war vielmehr zutreffend.«

Ruck, zuck, schon hat sich der Fall erledigt. Natürlich soll es euch frei stehen, welchen Weg ihr wählt. Und tatsächlich ist es für den betroffenen Händler günstiger, keine Abmahnung zu kassieren. Es darf jedoch die Frage gestellt werden, welcher Anwalt da seinem Mandanten geraten hat, abzumahnen?

Einordnung

Das Urteil – zumal es ein OLG Urteil ist – kann als erfreulich gewertet werden. Für alle Parteien ist es der günstigere und risikoärmere Weg, sich direkt an die Plattform zu wenden. Wie die Richter feststellen, handelt die Plattform effizient. Interessant ist jedoch der Hinweis, dass trotz anders lautender Meldung von Anazon, der Fall als ›Infringement‹ behandelt worden ist. Hieraus ließe sich eine Handlungsaufforderung an Amazon formulieren, die Fälle richtig einzuordnen, damit sie nicht unnötig auf die Account-Performance wirken.