Während ihr es bei den eigenen Shops mehr oder weniger selbst in der Hand habt, die seit 2012 gültige ›Button-Lösung‹ umzusetzen, ist es bei den Plattformen ungleich schwerer. Dort seid ihr in ›Gottes Hand‹. Neben der Beschriftung des Kaufen-Knopfs müssen im Kaufabschlußprozess auch andere Dinge, z. B. wie die wesentlichen Produktmerkmale dargestellt werden. Was sind nun wesentliche Produktmerkmale und wie müssen sie dargestellt sein, ist seit Jahren immer mal wieder eine Sache, mit der sich die Gerichte beschäftigen dürfen. Jetzt war das OLG in Nürnberg dran. Trusted Shops berichtet:
Die Beklagte betreibt einen Online-Shop für Lebensmittel, Kosmetik und Haushaltsbedarf in Kombination mit einer nach Ablauf einer Testphase von 28 Tagen kostenpflichtigen Mitgliedschaft. Am Ende des Bestellvorgangs befindet sich ein Bestellbutton mit der Bezeichnung „Jetzt kaufen“. Wenn ein Kunde dort ein Produkt kaufte, schloss er gleichzeitig eine Mitgliedschaft bei der Beklagten ab. Ein gesonderter Bestellbutton oder ein technisches Tool einer ausdrücklichen Vertragserklärung zu einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft war nicht vorhanden. Unter dem Bestellbutton befand sich folgender Hinweis: „Mit Deinem Kauf startet eine 28-tägige Testphase, die jederzeit kündbar ist. Nach der Testphase werden 59 € für deine 12-monatige Mitgliedschaft abgebucht (4,90 €/Monat). Die Mitgliedschaft verlängert sich automatisch. Mit deiner Bestellung erklärst Du Dich mit unseren AGB, Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung einverstanden.“ In der Folgezeit installierte die Beklagte in Bezug auf diesen Hinweis eine anzuklickende Check-Box. Zudem wird auf der Bestellseite unterhalb des Bestellbuttons eine Zusammenstellung der Preise angezeigt. Nach Herunterscrollen wird unter der Artikelübersicht eine Abbildung des ausgewählten Produkts angezeigt. Bei Anklicken der Abbildung öffnet sich ein Pop-Up-Fenster, das die Produktinformationen über das ausgewählte Produkt anzeigt.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sah in dieser Darstellung einen Verstoß gegen § 312 Abs. 2, 3 BGB und verlangte Unterlassung. Das LG Regensburg (Urt. v. 1.10.2019 – 1 HK O 358/19) hatte der Klage der Verbraucherzentrale nur teilweise stattgegeben. Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl die Klägerin als auch die Beklagte mit ihrer Berufung.
Das OLG Nürnberg gab der Berufung der Verbraucherzentrale statt und entschied, dass sowohl die Verwendung nur eines Bestellbuttons als auch die Darstellung der wesentlichen Eigenschaften der Ware in einem Pop-Up unmittelbar vor Abgabe der Vertragserklärung unzulässig seien.
Angabe der wesentlichen Merkmale auf der Check-out-Seite
Das Gericht stellte zunächst klar, dass der Unternehmer nach § 312j Abs. 2 BGB dazu verpflichtet ist, bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, dem Verbraucher die wesentlichen Eigenschaften der Ware unmittelbar und bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen. Nach der Gesetzesbegründung seien diese Voraussetzungen dann erfüllt, wenn die Informationen und die Schaltfläche bei üblicher Bildschirmauflösung gleichzeitig zu sehen sind, ohne dass der Verbraucher scrollen muss.
Die vom Gesetz geforderte Unmittelbarkeit verlangt aus Sicht des Gesetzgebers, dass die Informationen „direkt im zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung durch den Verbraucher gegeben“ werden und in einem „räumlich-funktionalen Zusammenhang” mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn – wie hier – die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. Die Aufmerksamkeit des Verbrauchers, der im Begriff ist, die Schaltfläche zu betätigen, soll sich auch auf diese Informationen richten, ohne dass trennende Gestaltungselemente davon ablenken oder den Eindruck erwecken, zwischen den Vertragsinformationen und der Bestellschaltfläche bestünde kein innerer sachlicher Zusammenhang […].
Diesen Maßstäben genüge die Darstellung nicht.
Im vorliegenden Fall befindet sich ein Produktbild mit dem jeweiligen Namen des Artikels (in der Anlage K5: „Bio Super Greens“) unterhalb des Bestellbuttons, wobei für den Verbraucher diese Produktinformationen erst dann sichtbar werden, wenn er das nur durch Scrollen sichtbare Produktbild anklickt. Ihm ist es aber bei dieser Gestaltung des Bestellvorgangs nicht möglich, bei Abgabe der Vertragserklärung durch Betätigung der Schaltfläche gleichzeitig die Produktinformationen einzusehen.
Verlinkung nicht ausreichend
Das Gericht stellte fest, dass in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt sei, dass eine Verlinkung zur Darstellung nicht ausreicht, sondern die Informationen sich auf der Seite selbst befinden müssen und verwies hierbei auf die OLG München und OLG Hamburg. Die Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass sich bei ihrer Darstellung ein Pop-up öffne und keine Verlinkung stattfinde. Das Gericht konnte in diesem Umstand keinen Unterschied erkennen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertreten hat, der Sachverhalt der zitierten Entscheidung des OLG München im Urteil vom 31.01.2019 sei mit dem hiesigen nicht vergleichbar, weil sich im vorliegenden Fall ein Pop-Up-Fenster bei Anklicken der Abbildung öffne, nicht aber ein Link anzuklicken sei, vermag der Senat einen substantiellen Unterschied nicht zu erkennen. Wesentlich ist und daran ändert sich auch nichts durch das Vorhalten verschiedener Funktionsflächen, dass bei der vorliegenden Gestaltung des Bestellvorgangs in räumlicher Nähe zur Schaltfläche für den Vertragsabschluss ohne die zusätzliche Aktivität des Scrollens Informationen über das Produkt weder durch einen Link noch durch ein Pop-Up-Fenster sichtbar gemacht werden können.
Button-Lösung gilt auch für kostenlose Testphase
Zudem entschied das Gericht, dass das Vorhalten eines einzigen Bestellbuttons mit der Bezeichnung „Jetzt kaufen“ sowohl für den Kauf von Waren als auch den Abschluss einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft unzulässig sei. Die entsprechende Vorschrift, § 312j Abs. 3 BGB, sei auch auf Verträge über Abonnements anwendbar, wenn der Zeitraum einer Testphase kostenlos ist.
In diesem Fall entfällt die Zahlungspflicht nur dann, wenn durch einen aktiven Schritt der Vertrag gekündigt wird (vgl. OLG Köln, Urteil vom 03.02.2016-6 U39/15). Der Unternehmer hat nach § 312j Abs. 3 S. 1 BGB die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher erstens seinen Rechtsbindungswillen und zweitens seine Kenntnis vom Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts ausdrücklich bestätigen muss (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB, § 312j Rn. 24). Darüber hinaus muss die Wortwahl auch dem Vertragsgegenstand angepasst sein (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312j Rn. 28, 29).
Ein Button für zwei Verträge nicht ausreichend
Mit Bestätigung der Schaltfläche schließe der Verbraucher zwei Verträge ab. Die Bestätigung durch Klick auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ beziehe sich jedoch nur auf den Kaufvertrag, was bereits durch die Bezeichnung des Buttons deutlich werde. Für den Abschluss der kostenpflichtigen Mitgliedschaft sei hingegen keine ausdrückliche Bestätigung vorgesehen.
Durch das Anklicken des Bestellbuttons bestätigt der Verbraucher nicht auch die Begründung einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft. Die Betätigung der Schaltfläche ist allein dahingehend zu verstehen, dass der Verbraucher lediglich diverse Produkte aus dem Sortiment der Beklagten kostenpflichtig, nicht aber gleichzeitig eine Mitgliedschaft „erwirbt“, zumal es sich bei letzterem schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht um einen Kauf, sondern um einen Beitritt zu einer Kundengemeinschaft, die dem Verbraucher bestimmte Vergünstigungen bei Käufen verschafft, handelt.
Bestätigung für jeden abzuschließenden Vertrag
Die Beklagte argumentierte hingegen, dass es alleiniger Zweck dieser Vorschrift sei, dem Verbraucher vor Augen zu führen, dass sein Klick auf den Bestellbutton allgemein eine Zahlungspflicht auslöse. Eine solche Beschränkung konnte das Gericht jedoch nicht erkennen.
Nicht ersichtlich ist, dass sich die Zielrichtung des Gesetzesentwurfs darauf habe beschränken sollen, dem Verbraucher überhaupt nur eine Zahlungspflicht kenntlich zu machen. Der zitierte Einleitungssatz der Beschlussempfehlung zu dem Gesetzesentwurf spricht vielmehr dafür, dass der Verbraucher durch die Einführung des § 312j BGB insgesamt vor möglicherweise versteckten Kostenfallen geschützt werden soll und legt eine Auslegung dahingehend, dass sich die erforderliche Kenntlichmachung einer Zahlungspflichtigkeit auf jeden durch die Bestätigungshandlung abzuschließenden Vertrag zu beziehen hat, nahe. Auch die Verbraucherrechterichtlinie unter Berücksichtigung des Erwägungsgrundes 39 lässt nicht erkennen, dass die genannte Zielrichtung eng auszulegen sein soll und sich ihr Zweck in einer einmaligen „Warnung“ des Verbrauchers vor einer Zahlungspflicht zu erschöpfen habe, wenn – wie im vorliegenden Fall – mit einer Vertragserklärung mehrere Verträge gleichzeitig abgeschlossen werden sollen.
Schutz vor Kostenfallen
Das Gericht hob noch einmal den Schutzzweck des § 312j Abs. 3 BGB hervor – der Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im Internet. Zwar werde dem Verbraucher beim Anklicken der Schaltfläche „Jetzt kaufen“ bewusst, dass durch den Abschluss des Kaufvertrags eine Zahlungspflicht entsteht. Hiermit werde dem Schutzzweck der Vorschrift jedoch nicht Genüge getan.
Der geforderte eindeutige Hinweis auf die Zahlungspflicht auf der Schaltfläche soll den Verbraucher davor schützen, eine Zahlungsverbindlichkeit einzugehen, ohne sich dieser Tatsache bewusst zu sein (OLG Köln, a.a.O). Dies muss aber auch dann gelten, wenn der Verbraucher neben einer ihm schon bekannten Verbindlichkeit eine weitere Zahlungspflicht hinsichtlich eines anderen typenverschiedenen Vertrags eingeht. Eine restriktive Auslegung der Vorschrift wäre mit der Zielrichtung eines effektiven Schutzes des Verbrauchers vor schwer erkennbaren Kostenfallen nicht vereinbar.
„Kaufen“ passt nicht für Dauerschuldverhältnisse
Zudem sei die Buttonbeschriftung „Jetzt kaufen“ nicht auf den Abschluss eines Mitgliedschaftsvertrags abgestimmt. Dem Verbraucher werde hierdurch nicht ausreichend kenntlich gemacht, dass er gleichzeitig einen zusätzlichen kostenpflichtigen Vertrag in Form eines Dauerschuldverhältnisses abschließt.
Der Begriff „kaufen“ bringt nicht zum Ausdruck, dass eine dauerhafte Rechtsbeziehung begründet werden soll (vgl. MüKoBGB/ Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312j Rn. 29), womit nicht sichergestellt ist, dass der Verbraucher bei Betätigung der Schaltfläche mit dem entsprechenden Rechtsbindungswillen handelt. Die Gestaltung des Bestellvorgangs muss aber sowohl die vertragliche Bindung als auch die Zahlungspflicht vermitteln (MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312j). […] Maßgeblich ist hier nicht lediglich der Inhalt der Vertragserklärung des Verbrauchers, sondern der konkrete Umfang der vertraglichen Bindung und die sich daraus ergebende Zahlungsverpflichtung.
Das Glück ist mit die Dummen
Oder so. Jedenfalls mag es technisch in der Desktopansicht leicht umsetzbar sein, alle Anforderungen zu erfüllen, aber mobil ist das schon so eine Sache. Ein kleiner Bildschirm und alle wesentlichen Merkmale? Wie soll das funktionieren? Tatsächlich setzen das auch die wenigsten mobilen Shopseiten um. Es ist nur bisher kaum einem – besonders der Abmahnmafia – nicht aufgefallen, dass es da ja auch noch die mobile Ansicht gibt. Kennt ihr ein Shopsystem, welches die Anforderungen rechtssicher und benutzerfreundlich umsetzt?
….. ich denke, dass wäre mit JIMDO möglich
Mobile Ansicht im Warenkorb:
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-Produktfoto (rechts)
-Produkt Name (links, daneben)
– Links unterhalb des Produktnamens ((( ausreichend ))) Platz für Details
– Checkbox (mit Klick Button) für digitale Artikel “zusätzlich aktiviert” und (wenn möglich) den Text umformuliert, dass zu dem Kaufvertrag noch ein Abo eingegangen wird. Aber das müsste man ausprobieren und abklären …. ob das vertretbar wäre?
Ich finde Einkäufe, bei denen ich gleichzeitig in eine Abo Fall laufe, schlichtweg unzumutbar. Jedes Jahr wundere ich mich darüber, wer sich u.a. bei PayPal für “irgendwas” eintragen ließ und lösche so etwas gnadenlos. Meine Tochter ist bei einem Leggings – Verkäufer in die Abo Falle gelaufen und die wollten uns nicht aus dem Vertrag lassen! Erst nach Ankündigung eines Anwaltes, dass unsere Tochter nicht volljährig sei, nahm man das Abo zurück. Solche Sachen, sollten meiner Meinung nach eigentlich untersagt werden.
Wenn überhaupt ein Abo abgeschlossen wird, dann sollte der Kunde nochmals per Mail benachrichtigt werden und diesem AUSDRÜCKLICH zustimmen. Erst dann dürfte so etwas zustanden kommen. Manchmal ist der einfachere Weg schlichtweg der KONTAKT.
Wenn unsere Shopsysteme demnächst auch noch Kaffee kochen & Waffeln backen müssen…. ein Irrsinn, der schlichtweg durch Kommunikation geklärt werden könnte.