Kommt jetzt die große KI-Abmahnwelle? Disney und Universal verklagen Midjourney – was Händler und Bildnutzer in Deutschland erwartet
Hollywood greift durch: Disney und Universal haben am 11. Juni 2025 Klage gegen den KI-Bildgenerator Midjourney eingereicht. Der Vorwurf: Urheberrechtsverletzung im großen Stil. Die Plattform soll tausendfach Bilder generiert haben, die den geschützten Charakteren der Studios täuschend ähnlich sehen – darunter Spiderman, Darth Vader, Shrek und die Simpsons. Was in den USA bereits vor Gericht gelandet ist, könnte auch hierzulande massive Konsequenzen haben – vor allem für Händler und Content-Ersteller.
Wird sich die Rechtsauffassung auch in Deutschland durchsetzen?
Die Klageschrift der US-Konzerne liest sich wie ein Lehrbuch über Urheberrechtsverletzungen. Midjourney wird vorgeworfen, die KI mit geschützten Inhalten trainiert und dann Werke erstellt zu haben, die urheberrechtlich geschützten Figuren stark ähneln. Ein Präzedenzfall – und zwar auch mit Blick auf Deutschland.
Denn auch hier stellen sich dringende Fragen:
- Dürfen KI-Systeme wie Midjourney überhaupt mit urheberrechtlich geschützten Werken trainiert werden?
- Ist das generierte Bild selbst urheberrechtlich geschützt oder eine unzulässige Bearbeitung?
- Wer haftet – der Plattformbetreiber, der Nutzer oder beide?
Laut dem auf gewerblichen Rechtsschutz spezialisierten Anwalt Tobias Voßberg könnten nach deutschem Urheberrecht gleich mehrere Rechtsverletzungen vorliegen – unter anderem nach §17 und §19a UrhG (Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung). Er nennt vier problematische Schritte: das Training mit geschützten Werken, das technische Generieren, das Anzeigen zum Download und die Veröffentlichung durch Midjourney.
Die Gretchenfrage aus deutscher Sicht: Haftet Midjourney selbst für die Nutzung durch seine User? Hier geht es um die mögliche Täter-, Teilnehmer- oder Störerhaftung. Noch ist das unklar – doch die Dynamik in den USA zeigt: Die Frage wird sich auch in Deutschland stellen. Und das schneller, als vielen lieb ist.
Massive Abmahngefahr für Händler – und für Blogs wie diesen
Die Folgen könnten drastisch sein: Wenn sich die Rechtsauffassung der US-Kläger auch in Deutschland durchsetzt – sei es durch Gesetzgebung, gerichtliche Auslegung oder politische Diskussion –, dann ist eine neue Abmahnwelle wahrscheinlich. Und sie hätte es in sich.
Wen trifft es zuerst?
- Onlinehändler, die KI-generierte Bilder auf Produktseiten oder in sozialen Medien einsetzen. Schon ein Hintergrundbild mit geschützter Tapete, ein Poster im Regal oder ein vermeintlich „neutrales“ Comicmotiv kann zur Falle werden.
- Blogger, Creator und Dienstleister, die Tools wie Midjourney, DALL·E oder Stable Diffusion nutzen, um lizenzfreie „Kunst“ zu erstellen – oft im Stil berühmter Marken, Figuren oder Bildwelten.
- Auch dieser Blog ist betroffen – wir selbst nutzen bewusst Marvel-inspirierte Bilder für unsere Beitragsgrafiken. Sollte sich die Rechteauffassung der US-Konzerne durchsetzen, stehen auch solche Verwendungen auf der Kippe.
Tapete, Gemälde, Poster – die versteckten Risiken
Besonders heikel: Die Risiken betreffen nicht nur explizit KI-generierte Charaktere, sondern auch Alltagsgegenstände im Bildhintergrund – etwa eine Fototapete mit Kunstmotiven, ein Wandbild mit markantem Stil oder gar ein Screenshot mit geschütztem UI-Design.
Ein typisches Beispiel aus dem E-Commerce: Der Händler fotografiert sein Produkt vor einer trendigen Wohnzimmerwand. An der Wand hängt ein Poster von Banksy – und schon kann das Bild problematisch sein. Oder er verwendet einen KI-generierten Hintergrund, der stark an bekannte Popkulturmotive erinnert. Auch das kann zum Verhängnis werden.
Handlungsempfehlungen für Händler
Was sollten Händler jetzt tun?
- KI-generierte Bilder prüfen: Wer mit Midjourney & Co. arbeitet, sollte keine Prominenten, Marken oder Stile imitieren – und diese Tools nicht „frei Schnauze“ nutzen.
- Eigene Inhalte bevorzugen: Eigene Fotos, selbst gestaltete Hintergründe und individuell beauftragte Illustrationen sind (noch) der sicherste Weg.
- Keine geschützten Motive im Bildhintergrund: Auch reale Fotos mit Kunstwerken, Postern, Designmöbeln oder Markenlogos bergen Risiken. (Prüfung mit der Google Bilder Rückwärtssuche)
Fazit: Die rechtliche Ruhe vor dem Sturm
Die Klage von Disney und Universal ist ein Weckruf – auch für den deutschen Markt. Noch sind wir nicht so weit wie die USA, aber die Diskussion hat begonnen. Und wenn sich die restriktive US-Sichtweise durchsetzt, dürfte das Thema „KI und Urheberrecht“ zur größten Abmahnfalle der nächsten Jahre werden.
Für Händler heißt das: Vorsicht bei der Bildwahl – egal ob KI-generiert oder real fotografiert. Für die Plattformen: Transparenz, Schutzmaßnahmen und vor allem eine rechtssichere Grundlage sind überfällig. Und für die Politik: höchste Zeit, diese Fragen klar zu regeln – bevor Gerichte Fakten schaffen, die niemand mehr zurückdrehen kann.
Persönliche Einordnung: No Risk, No Fun?
Ich persönlich lasse die Entwicklung auf mich zukommen. Ja, das mag risky sein – aber ich schätze die tatsächlichen Risiken aktuell nicht besonders hoch ein. Die Nutzung von KI wird unsere Branche tiefgreifend verändern, und ich halte es für wahrscheinlich, dass sich auch die Rechtsprechung – wenn auch zäh und verspätet – an die neuen technischen Möglichkeiten anpassen wird. Derzeit prüfe ich jedenfalls keine meiner verwendeten Bilder, weder auf das Motiv noch auf enthaltene Logos oder potenziell geschützte Inhalte. Und auch wenn jetzt einige Juristen vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: No Risk, No Fun.