Die EU-weite Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Plattform) war für viele Händlerinnen und Händler bislang ein wichtiges Instrument, um Verbrauchern bei Konflikten einen einfachen Zugang zu außergerichtlichen Lösungsverfahren zu ermöglichen. Nun steht ihre Abschaltung bevor, was eine unmittelbare Auswirkung auf deine rechtlichen Informationspflichten und das Beschwerdemanagement haben kann. In diesem Beitrag erfährst du, was es mit der Abschaltung auf sich hat, welche Hintergründe dahinterstecken und worauf du als Händler jetzt achten solltest.
1. Was ist die OS-Plattform überhaupt?
Die OS-Plattform (kurz für „Online-Streitbeilegungsplattform“) wurde 2016 von der Europäischen Kommission eingerichtet. Sie diente als zentrale Anlaufstelle, um Verbraucherbeschwerden bei Online-Käufen EU-weit an offizielle Streitbeilegungsstellen weiterzuleiten.
- Ziel: Verbraucher und Unternehmer konnten (theoretisch) unkompliziert und kostengünstig Konflikte beilegen, ohne direkt den Rechtsweg einschlagen zu müssen.
- Rechtsgrundlage: Die Plattform fußte auf der EU-Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten.
2. Warum wird die OS-Plattform abgeschaltet?
2.1 Geringe Nutzung und Effektivität
Obwohl die Idee dahinter sinnvoll klang, nutzten nur wenige Verbraucher die Plattform tatsächlich. Die Quote an erfolgreich vermittelten Streitfällen blieb überschaubar. Auch Händler berichteten immer wieder, dass Rückmeldungen ausblieben oder Verfahren in der Praxis kaum vorangetrieben wurden.
2.2 Überschneidung mit anderen Beschwerdeinstanzen
In vielen Mitgliedstaaten gibt es bereits effektivere oder bekanntere Instrumente zur außergerichtlichen Streitbeilegung, z. B. nationale Schlichtungsstellen oder Verbraucherschutzorganisationen. Dadurch entstanden Doppelstrukturen und zum Teil Unklarheiten, wo sich Verbraucher zuerst hinwenden sollen.
2.3 Neue EU-Initiativen
Die EU arbeitet kontinuierlich an neuen Verbraucherschutz- und Digitalisierungsinitiativen, etwa dem Digital Services Act (DSA), dem Omnibus-Paket oder dem Data Act. Im Zuge dieser Reformen werden manche Projekte neu aufgestellt oder ersetzt. Die OS-Plattform wird möglicherweise nicht mehr in das künftige Rechts- und Servicegefüge passen, sodass eine Abschaltung oder Auflösung die logische Konsequenz ist.
3. Was bedeutet das konkret für dich als Händler?
3.1 Anpassung deiner Rechtstexte
Bisher warst du verpflichtet, einen Hinweis auf die OS-Plattform (inklusive klickbaren Links) in deine AGB, dein Impressum oder deine Widerrufsbelehrung aufzunehmen.
- Mit Abschaltung der OS-Plattform entfällt diese Pflicht, da der Link ins Leere führen würde.
- Handlungsempfehlung: Prüfe deine Rechtstexte, AGB und Footer sowie andere Stellen (z. B. Bestellbestätigungen), an denen du ggf. die OS-Plattform erwähnt hast. Entferne oder passe die entsprechenden Passagen an, sobald offiziell bestätigt ist, dass die OS-Plattform offline geht.
3.2 Neue Informationspflichten?
Je nachdem, wie die EU die Abschaltung regelt, kann es sein, dass du weiterhin in anderer Form auf außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren hinweisen musst. Beispielsweise:
- Nennung einer nationalen Schlichtungsstelle oder alternativen Streitbeilegungsstelle (z. B. in Deutschland: Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle).
- Informationen über Beschwerde- und Kontaktmöglichkeiten in deinem Unternehmen (z. B. Kundenservice-Hotline oder E-Mail).
Halte also unbedingt Ausschau nach neuen Vorgaben und Übergangsfristen in deinem Land, um Abmahnungen oder Bußgelder zu vermeiden.
4. Wie kannst du dich vorbereiten?
- Aktuelle Informationen einholen: Überwache offizielle Mitteilungen der Europäischen Kommission oder deines nationalen Wirtschaftsministeriums bzw. der Verbraucherschutzbehörden oder dem Bundesverband eCommerce e.V. , um den genauen Zeitpunkt der Abschaltung nicht zu verpassen.
- Rechtstexte anpassen: Stelle sicher, dass du deinen Onlineshop (AGB, Impressum, Checkout-Prozess etc.) zügig aktualisierst, sobald die Abschaltung in Kraft tritt.
- Kundensupport stärken: Da die OS-Plattform als „offizielle“ externe Anlaufstelle wegfallen wird, überlege, wie du deine internen Beschwerde- und Kulanzprozesse verbessern kannst. Ein guter Kundenservice kann oft Streitigkeiten schon im Vorfeld verhindern.
- Alternative Schlichtungsstellen aufführen: Informiere dich, ob du in deinem Land auf eine bestimmte Verbraucherschlichtungsstelle verlinken musst oder ob eine freiwillige Teilnahme möglich bzw. sinnvoll ist. Das schafft Vertrauen bei deinen Kunden.
5. Häufige Fragen (FAQ)
Frage: „Muss ich den OS-Link sofort entfernen, auch wenn er noch online ist?“
Antwort: Der Zeitpunkt, ab dem du den Link entfernen „darfst“ oder „musst“, ist abhängig von der offiziellen Ankündigung und den Übergangsfristen. Sobald die Abschaltung feststeht, solltest du zeitnah handeln, damit Besucher nicht auf eine nicht-funktionierende Seite geleitet werden.
Frage: „Bin ich dann von der Pflicht befreit, auf außergerichtliche Streitbeilegung hinzuweisen?“
Antwort: Nicht unbedingt. Prüfe, welche gesetzlichen Pflichten in deinem Land gelten und ob du dich z. B. einer nationalen Schlichtungsstelle anschließen kannst/musst. Meist bleibt eine grundsätzliche Informationspflicht über vorhandene Schlichtungsoptionen bestehen.
Frage: „Wie hoch ist das Risiko von Abmahnungen, wenn ich den Link zur OS-Plattform nach der Abschaltung nicht entferne?“
Antwort: In der Regel gilt, dass veraltete oder irreführende Informationen zur Streitbeilegung abgemahnt werden können. Daher ist es wichtig, im Zweifel eher früher als zu spät zu reagieren.
6. Fazit
Die Abschaltung der OS-Plattform markiert das Ende eines EU-weiten Projekts, das zwar gut gemeint war, jedoch nur begrenzte Akzeptanz gefunden hat. Für dich als Händler bedeutet dieser Schritt vor allem, deine Rechtstexte und Hinweisstrukturen im Shop zu überprüfen und anzupassen. Gleichzeitig solltest du sicherstellen, dass deine Kundenservice-Prozesse reibungslos funktionieren und deine Kundschaft weiß, welche Anlaufstellen es bei Beschwerden künftig gibt.
Bleib am Ball: Informiere dich laufend über neue Richtlinien zur Verbraucherschlichtung, um Rechtskonformität zu garantieren und deinen Kund*innen weiterhin einen guten Service zu bieten. So vermeidest du Ärger, Abmahnungen und unnötige Kosten und festigst zusätzlich das Vertrauen in deinen Onlineshop.