Kritische Abmahnung im Onlinehandel: Im Visier von Motago UG und Rechtsanwalt Oliver M. Niederjohann
⚖️ Der Fall: Abmahnung wegen „mit sehr gut getestet“
Am 18. März 2025 flatterte dem Unternehmen eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ins Haus. Absender: Rechtsanwalt Oliver M. Niederjohann, Leverkusen. Im Auftrag der Motago UG (haftungsbeschränkt), vertreten durch Axel Theel, wird ein vermeintlicher Wettbewerbsverstoß auf der Plattform Kaufland.de abgemahnt.
Konkret wird beanstandet, dass ein Produkt mit dem Hinweis „mit sehr gut getestet“ beworben wurde – ohne nähere Angaben zum Test, zur Prüfungsstelle oder zum Verfahren. Nach Auffassung des Anwalts liegt hierin eine Irreführung gemäß §§ 3, 5, 5a Abs. 2 UWG vor. Die GmbH wird zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von 1.501,19 € Rechtsanwaltskosten aufgefordert – Streitwert: 30.000 €.
🧑⚖️ Der Abmahner: Motago UG
Die Motago UG mit Sitz in Kürten (NRW) ist im Bereich Onlinehandel für KFZ- und Outdoor-Zubehör tätig – unter anderem auf Amazon, eBay und Kaufland. Laut Schreiben besteht ein direkter Wettbewerb mit des Abgemahnten, da beide Ballistol-Produkte vertreiben.
Ob es sich bei der Motago UG um ein gezielt abmahnendes Unternehmen handelt, lässt sich aktuell nicht eindeutig beurteilen. Auffällig ist jedoch die “professionelle Aufbereitung” der Abmahnung und die klare strategische Ausrichtung auf einen einzelnen, überschaubaren Wettbewerbsverstoß.
👨⚖️ Der Rechtsanwalt: Oliver M. Niederjohann
Rechtsanwalt Niederjohann tritt nicht nur juristisch in Erscheinung, sondern auch politisch. Er war laut öffentlichen Quellen Mitglied der FDP und trat mehrfach als Kommunalpolitiker im Raum Leverkusen/Kerpen auf. Zwischenzeitlich war er ebenfalls als Lehrbeauftragter an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg tätig.
Die Kombination aus juristischer Tätigkeit, politischer Nähe zu einer Partei sowie der intensiven Kooperation mit einem Inkassodienst und anderen Partnern (u. a. EWD Inkasso GmbH) wirkt auf Marktbeobachter fragwürdig – insbesondere im Kontext von Massenabmahnungen oder wirtschaftlich motivierten Rechtsinstrumenten.
📑 Juristische Bewertung: Rechtsanwälte ordnen ein
Rechtsanwalt Malte, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, hat die Abmahnung geprüft. Seine Einschätzung fällt differenziert, aber deutlich aus:
„Die Abmahnung ist dem Grunde nach überwiegend wahrscheinlich gerechtfertigt.“
Allerdings weist Malte auch klar auf erhebliche formelle Mängel hin:
- Die Abmahnung erfüllt nicht die Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG, was den Anspruch auf Kostenerstattung ausschließt.
- Vielmehr besteht ein Rückzahlungsanspruch gegen den Abmahner nach § 13 Abs. 5 UWG.
- Besonders brisant: Die Abmahnung ist missbrauchsverdächtig im Sinne des § 8c Abs. 2 Nr. 4 UWG i. V. m. § 13a Abs. 3 UWG.
Mit anderen Worten: Die Abmahnung könnte eher einem wirtschaftlichen Interesse als echtem Verbraucherschutz dienen – ein Vorwurf, der in der Vergangenheit bereits zu Gesetzesverschärfungen geführt hat.
🧭 Einordnung für Händler und KMU
✅ Was ist zulässig?
- Testergebnisse dürfen nur beworben werden, wenn Quelle, Art der Prüfung und Ergebnisse nachvollziehbar angegeben sind.
- Allgemeine Aussagen wie „sehr gut getestet“ ohne weitere Informationen sind nicht erlaubt.
⚠️ Worauf solltest du achten?
- Wer mit Testergebnissen wirbt, muss transparente Nachweise liefern.
- Prüfe regelmäßig deine Produktbeschreibungen – vor allem bei Marktplatzangeboten wie Amazon, eBay und Kaufland.
- Dokumentiere Testergebnisse, Studien oder Siegel, um im Fall einer Abmahnung verteidigungsfähig zu sein.
❗ Was ist problematisch?
- Hohe Streitwerte (wie hier 30.000 €) bei formell schwachen Abmahnungen sind ein Warnsignal für Missbrauch.
- Wenn eine Abmahnung wirtschaftlich oder systematisch wirkt, sollte rechtlicher Beistand eingeholt werden.
- Beachte die neue Regelung des § 8c UWG: Wer mutmaßlich rechtsmissbräuchlich abmahnt, riskiert eigene Sanktionen.
🧾 Fazit: Fragwürdige Abmahnung – rechtlich bedenklich…
Auch wenn die juristische Grundlage im Kern bestehen könnte, ist die konkrete Umsetzung der Abmahnung durch RA Oliver M. Niederjohann fragwürdig. Die politische Vergangenheit des Anwalts, die Höhe der Forderung sowie die formellen Mängel der Abmahnung werfen kein gutes Licht auf den Vorgang.
Händler sollten solche Schreiben keinesfalls vorschnell unterschreiben oder bezahlen – eine rechtliche Prüfung ist Pflicht. Gleichzeitig zeigt der Fall erneut, wie schmal der Grat zwischen berechtigtem Schutz und missbräuchlichem Druckmittel im Wettbewerbsrecht sein kann.
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Ein Bekannter von mir hat ebenfalls am 19.03. eine Abmahnung von diesem Anwalt erhalten. Wie in diesem Fall wird eine Zahlung von 1500 € gefordert, und der Streitwert wurde auf 30.000 € festgelegt. Es geht dabei ebenfalls um einen ISO-Test. Das Recht wird hierzulande von einigen Händlern und Rechtsanwälten missbraucht, um Profit zu erzielen.