Bereits seit ein paar Tagen ist der zweitgrößte Amazon-Account in Deutschland suspendiert. Die Gründe sind unklar. ReBuy hat auf Amazon keine Angebote mehr gelistet. Der Berliner Händler ist weltweit der neuntgrößte Account und hinter Medimops die Nummer zwei in Deutschland. ReBuy verkauft gebrauchte Waren aus den Bereichen Medien, Bücher und Consumer Elektronik. Das Unternehmen beschäftigt rund 490 Mitarbeiter und machte 2018 einen Umsatz in Höhe von knapp 140 Millionen Euro.
Unklare Gründe
Aus dem Markt war wenig zu erfahren. Amazon selbst äußerte sich auf Nachfrage nicht und auch reBuy beantwortete die Anfrage bis zur Veröffentlichung dieses Beitrages nicht. Marktteilnehmer kolportieren, dass ein schlechter Amazon-Algorithmus, der fehlerhaft anspringt, ein Grund sein kann. Aktuell beklagen viele Amazon-Seller, dass sie Artikel bei Amazon wegen falschem Zustand oder Fälschung gesperrt bekommen.
Diese Sperrungen scheinen automatisiert zu erfolgen und sind, so die Seller, in den meisten Fällen unberechtigt. Ein Händler aus den deutschen Top 10 hält das jedoch für eher unwahrscheinlich, da er davon ausgeht, dass bei der Größe von reBuy ein solcher Automatismusfehler schnell behoben sein sollte. Er selbst sei aber beunruhigt, dass Amazon, trotz guter Kontakte, offensichtlich immer noch eine >Blackbox< sei. Und er hoffe, dass ihn selbst nie eine solche Suspendierung treffe.
reBuy ist gesund
Auf eBay listet der Händler aktuell rund 850.000 Produkte. Mit einem Score von 99,3 % positiver Bewertungen ist der Servicelevel positiv. In den letzten 30 Tagen bewerteten die Kunden über 41.000-mal rebuy positiv und 198-mal negativ. Das ist eine gute Leistung.
Auch die Bonität ist sehr gut. Der Crefo-Score ist mit 258 in Ordnung. Die Creditreform bescheinigt eine >mittlere Bonität<. Für 2018 gibt reBuy einen Umsatz von 140 Millionen Euro an, erwirtschaftet allerdings ein Minus von 7,2 Millionen Euro. Trotzdem urteilt die Creditreform: „Kredite werden nicht abgelehnt. Eine Geschäftsverbindung gilt als zulässig.“ – und empfiehlt ein Kreditlimit von 2,0 Millionen Euro.
Größe schützt nicht vor der Gefahr
Um es kurz und knapp auf den Punkt zu bringen: Verkaufen auf Amazon ist gefährlich! Und das ist aktuell auch leider nicht zu ändern. Dass es jetzt die Top 2 aus Deutschland trifft, beunruhigt, zumal wir die Gründe nicht kennen. Allerdings zeigt es auch deutlich, wie wichtig eine Mehr-Kanal-Strategie ist. ReBuy hat seine eigene Plattform und nutzt auch eBay sehr erfolgreich. Mit über 41.000 bewerteten Transaktionen dürfte der Händler auch in Deutschland unter den Top 3 auf dem Marktplatz liegen. Der Wegfall der Umsätze von Amazon ist schmerzlich, scheint aber aufgrund der passenden Strategie verkraftbar zu sein.
Amazon hat sich in der Vergangenheit noch nie als kooperativer und angenehmer Geschäftspartner gezeigt. Im Gegenteil, es gibt KEINEN Händler, bei dem nicht die Furcht einer Suspendierung mit in der eigenen Amazon-Story schwingt. Das dürfte aber eigentlich nicht sein!
Warum macht Amazon das nicht?
Warum richtet Amazon nicht eine eigene Stelle ein, die sich um ungerechtfertigte Suspendierungen oder >Opfer des eigenen Algorithmus< kümmert. Das wäre weit günstiger als die Marketing-Aufwendungen, die das Unternehmen in die Wahrnehmung steckt, dass der E-Commerce-Gigant ja eigentlich >gut< für den KMU-Handel sei. Natürlich verkaufen hunderttausende Händler auf Amazon erfolgreich und – ja – Amazon ist der wichtigste Abverkaufskanal – unbestritten –, ABER gerade deswegen sollte das Unternehmen doch auch an einer positiven Wahrnehmung interessiert sein, oder?
Jedenfalls scheint die Erkenntnis in Seattle, München und Berlin noch nicht gereift zu sein, dass es so einfach schlecht ist. Entweder muss Amazon selbst ein >Super-Department< mit allen internen Rechten installieren oder der Ruf nach einem Marktplatz-Ombudsmann wird lauter und lauter werden. Ob das besser sein wird?
Update 1
Update 2
Mittlerweile wurden einige Angaben von einer mit der Angelegenheit betrauten Person bestätigt und weiter erklärt. ReBuy ist tatsächlich wegen des Verkaufs einer >Bootleg<-DVD zunächst in Frankreich gesperrt worden. Dort ist der Fall wohl so eskaliert, dass im Januar alle Accounts suspendiert worden sind.
Augenblicklich scheint es wohl am für Frankreich verantwortlichem Amazon-Team zu liegen, dass der Account nicht wieder frei gegeben wird. Die Quelle kolportiert, dass Frankreich unter rechtlichem Druck steht.
Update 3
Seit dem 11. Februar 2020 vormittags ist die Nummer 2 in Deutschland entsperrt. Rebuy listet wieder fleißig auf Amazon. Es liegt nahe, dass Amazon auf Grund der medialen Berichterstattung die Suspendierung individuell geprüft hat.
Der vorhandene Unterton bezüglich Amazon kann ich eigentlich nicht bestätigen.
Regelmäßig wurden Probleme dieser Art selbst bei mittleren Accounts (6-Stelliger Umsatz im Monat) innerhalb von1-2 Stunden beantwortet. Jetzt habe ich keinen konkreten Fall mit Fälschungen, was bei Amazon ja gerade ein besonderes Thema ist, bei mir ging es dann eher um vermeintlich B-Ware verkauft, zu hohe Negative Customer Experience und Co.
Auch konnten Notfalltelefonnummern im Account regelmäßig auch helfen Probleme frühzeitig zu beheben bevor es zu einer Sperrung kommt.
Daher würde ich aus meiner Erfahrung mir erstmal keine sorgen vor unberechtigten Sperren machen und in den meisten Fällen die öffentlich besprochen werden sind auch nicht alle Informationen zugänglich. Was es dann auch schwierig macht zu sagen das Amazon sich da unverhältnismäßig verhalten hat.
Konkret in dem Fall hier scheint es ja auch erstmal so auszusehen als ob in der Kommunikation mit Amazon Fehler gemacht wurden und es ein berechtigtes Interesse von Amazon gab.
Bezüglich der Shop-Marge, ich denke das dass oftmals auch ein Trugschluss ist. Vom Prinzip ist es natürlich so das an in einem eigenen Shop mehr verdienen sollte. Aber man sollte dann auch so ehrlich sein die Investitionskosten für den Shop, Marketing Kosten, Kosten für die Zahlungsart und Co zuzuordnen.
Denn gerade Marketing Kosten sollten in aller Regel teurer (geringerer ROI Eigener Shop vs Amazon) sein durch die starke Marke von Amazon selbst und nicht alle Händler können davon profitieren das der Warenkorb dann im eigenen Shop deutlich steigt oder Wiederkäufer entstehen.
Hallo Marc,
Dein Verweis auf das §5 GG ist Unsinn, da es darin nur allgemein um Meinungsfreiheit geht.
Zur Pressearbeit steht da:
“Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.”
Fragt sich also immer noch ob Du mit deinem Blog unter “Presse” fällst.
Journalist ist, wer sich an anerkannte journalistische Grundsätze hält. Darunter fällt z.B. die Trennung von Nachricht und Kommentar.
Wenn ich mir mal so den allgemeinen Tonlage auf deinem Blog anschaue, habe ich da so meine Zweifel ob diese Trennung sauber funktioniert.
Bzgl. der Veröffentlichung von Auskünften der Creditreform würde ich mir an deiner Stelle mal deren AGBs durchlesen. Speziell § III Bas. 4:
“… Die Weitergabe von Creditreform-Auskünften oder Kopien an Dritte ist nicht zulässig,…”
Oh, ein Hobbyjurist. Das ich Presse bin ist ausgeurteilt. Mehrmals. Und, wenn ich gegen die Creditreform AGB verstoße, dann darf Creditreform sich gerne an mich wenden. Glaubst du sie werden das machen? 😉
Eigentlich würde sich viel erledigen, wenn Amazon sich selber ehrlich bewerten lassen würde (das sollte doch eine Behörde hinbekommen). Allein die vielen gestrichenen FBA Bewertungen zeigen, dass Amazon nicht wirklich so gut arbeitet, wie man es von Marketplace Händlern verlangt. Dazu rutscht Amazon auch mal eine Verkaufsseite durch und man sieht dort Bewertungen – man müßte sich selber sperren. Auf das Kartellamt zu hoffen, wird nichts bringen. Wir Händler können was tun, indem wir den Verkauf außerhalb Amazon forcieren und auch bessere Konditionen anbieten, was durch die Höhe der Amazon Gebühren eigentlich möglich sein sollte. Die Käufer werden allerdings größtenteils dort bleiben, solange das Angebot so ziemlich alles bietet.
Wir müssen auch zugestehen, dass Amazon zu Beginn unserer Aktivitäten dort (das war sehr früh) sehr gut war und es kam zu einer Zeit als Ebay verwahrloste. Der Eindruck von Amazon hat sich leider deutlich verschlechtert. Damals gab es noch echte Menschen, die sich wirklich um was gekümmert hatten und die man direkt erreichen konnte. Dürfte heute die absolute Ausnahme sein.
Rebuy ist wieder Online
Mich würde schon interessieren wie das ganze ausgegangen ist, und ob es für Amazon noch ein juristisches Nachspiel haben wird. Selbst wenn Amazon nach diesem Vorfall ein >Super-Department< installieren sollte, habe ich nicht unbedingt das Vertrauen darin dass es funktioniert und vor allem schnell reagiert. Denn letztendlich hat Amazon selber die regeln für seinen Marketplace aufgestellt und handelt auch nach diesen. Meines Erachtens benötigtman bei solchen Vorfällen eine neutrale Schlichtungsstelle, die aber mit entsprechender Macht/Gewalt ausgestattet ist und somit auch Entscheidungen durchsetzen kann.
reBuy darf wieder auf Amazon verkaufen. Damit ist das grundlegende Problem aber noch nicht gelöst, das stimmt. Ich stimme dir zu, dass eine Schlichtungsstelle ein guter Ansatz ist. Dieser wird auch bereits auf politischer ebene verfolgt. Jedoch – wie meistens in der Politik – mahlen die Mühlen leider langsam.
Hallo Mark,
Danke für dein Feedback. Das Thema “Kündigung und Sperrung” wurde auch vom deutschen Bundeskartellamt behandelt. Dazu schreibt das Amt folgendes auf deren Seite:
“Kündigung und Sperrung:
Amazon hat bislang ein unbeschränktes Recht zur sofortigen Kündigung und der sofortigen Sperrung von Konten der Händler ohne Angabe von Gründen.
Bei ordentlichen Kündigungen gilt künftig eine 30 Tage-Frist. Bei außerordentlichen Kündigungen (gestützt auf den Vorwurf von Gefährdungen und Rechtsverletzungen durch einen Händler) ebenso wie bei Sperrungen besteht nun eine Pflicht von Amazon zur Information und Begründung. ”
siehe auch hier: https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/2019/17_07_2019_Amazon.html
Meines Erachtens fällt dieser Vorfall unter diesen vom Amt aufgeführten Punkt “Sperrung”. Anscheined ist aber Seitens Amazon nicht wirklich viel passiert. So wie ich diesen Rebuy Vorfall in den Medien verfolgt habe, ist Rebuy wohl längere Zeit offline gewesen. Das zeigt mir, dass Amazon nach wie vor so arbeitet, wie sie es bereits vor der Prüfung durch das Amt der Fall war. Sonst hätte es sich vermutlich nicht so in die Länge gezogen.
Somit ist die Arbeit des Bundeskartelamts für die Katz, genauso wie für die anderen dort aufgeführten Punkte. Denn ich sehe dort nirgends, dass Amazon in irgendeinerweise wirklich in die
Pflicht genommen wird, oder gar irgendetwas zu Befürchten hat.
Kommen wir nochmal auf das Thema Sperrungen zurück. Das Amt schreibt: „ … ) ebenso wie bei Sperrungen besteht nun eine Pflicht von Amazon zur Information und Begründung. ”
Hält sich Amazon daran, oder hat Amazon irgendewas dahin gehend geändert ? Ich spüre nichts davon. Der Support weiss oft nichts und hatt leider oft auch keine Ahnung und leitet die Anfrage erst einmal an irgendeine „Fachabtl.“ weiter. Bis die dann endlich antworten, vergeht auch einiges an Zeit. Aber selbst deren Aussagen helfen einem nicht unbedingt weiter und man ist nicht schlauer als vorher. Daher kann Amazon einem die „Entsperrung“ nach wie vor sehr schwierig machen.
Wie bereits in meinem vorherigen Post geschrieben, braucht es für alle Online Marktplätze (insbesondere Amazon) eine neutrale Schlichtungsstelle, die aber mit entsprechender Macht/Gewalt ausgestattet ist und somit auch Entscheidungen durchsetzen kann. Denn, wie schon so oft in der Vergangenheit bewiesen, gibt es erst eine Änderung wenn der Staat eingreift. Wenn sich die jeweilige Industrie selber regulieren soll. Passiert in der Regel nichts.
Gruß
Wenn man endlich erkennt, dass die Marge im eigenen Shop besser ist (dazu sicher auch deutlich weniger Reklamationen usw.), sollte man sich eher weniger Gedanken machen, wie man wieder bei Amazon anbieten darf, sondern eher darum, wie man die Amazon Provision einsetzt, um den eigenen Shop noch bekannter zu machen. Bei Amazon wird man auf absehbare Zeit niemanden finden, der ausreichend versteht bzw. verstehen will, dass man eventuell auch dort Fehler macht – die KI ist allmächtig. Teuer erkaufter Amazon Marketplace Umsatz ist nicht alles.
Spannende Geschichte, die Du da ausgegraben hast. Für so einen Vorgang dürfte sich auch die EU-Kommission interessieren, die Amazon derzeit unter die Lupe nimmt.
Du meinst, die EU Kommission hätte sich schon vor 10 Jahren für sowas interessieren sollen, richtig? Nachdem man viele kleine umgebracht hat, ist es wohl ein wenig zu spät.
Darf man eigentlich die Bonitätsdaten ohne stichhaltigen Grund oder das man in Geschäftsbeziehung steht eigentlich abfragen, vor allem so veröffentlichen?
Ja, die Presse darf das
Naja,
das könnte man sicherlich auch anders sehen.
Vor allem steht dann mal die Frage im Raum, ob für wortfilter.de der Begriff “Presse” zutrifft.
Ich wollte jedenfalls nicht, dass Daten dieser Art von meinem Unternehmen hier so veröffentlicht werden.
Neh andersrum kann man das nicht sehen. da steht das GG im Wege. Und ja als Blog falle ich natürlich unter die Presse Privilegien. Und wenn es ein Berichterstattungsinteresse über dein Unternehmen gibt und diese Daten für den Sachzusammenhang wichtig sind, dann können/dürfen/müssen diese auch veröffentlicht werden. Denn genau DAS ist die Aufgabe von Medien 😉 🙂
Wenn man als Presse gelten möchte sollte man nur nicht Kommentare nach eigenem Gusto freischalten bzw verschwinden lassen
Kommentare werden bei mir nur auf Anforderung durch einen Rechtsanwalt gelöscht oder wenn sie offensichtlich Rechte verletzen
Und so sieht es bei mir im Backend aus: