Amazon Vendoren müssen einen Hang zum Masochismus haben, jedenfalls kann das vermutet werden, wenn man so manches Klagelied liest. Fehlmengen und die dann deswegen an Amazon zu zahlenden Strafen sind das Leid, welches alle Vendoren miteinander vereint. Vergangene Woche entstand hierüber ein spannender Ast in einer Facebook-Gruppe.

Das Thema Fehlmengen

„Wir haben als Vendor immer wieder das Problem, dass Amazon angibt, dass wir zu wenig geliefert hätte – so gut, so falsch. Wie bekomme ich das Thema vom Tisch? Ich kenne eigentlich nur Kollegen, die daran verzweifeln. Ein Vendor-Kollege hat sogar die Verladung mal gefilmt, um aufzuzeigen, dass der Fehler nicht bei ihm liegt. Nützt aber leider nichts. Was braucht das Amazon-Lager, um ordentlich zu zählen? Oder möchte es gar nicht ordentlich zählen…? Hat einer einen guten Tipp? Bin für alles dankbar!!“, fragt der Vendor.

Extra Mitarbeiter[kosten]

„Wir beschäftigen eine Mitarbeiterin eigentlich fast nur mit diesen Fällen […]. Was sich als Problem immer wieder gezeigt hat, ist das Folgende: Eine Lieferung kommt aus verschiedensten Gründen zu spät im AMA Logistikzentrum an. Die eigentliche PO zu der Lieferung ist schon zu, der AMA Mitarbeiter kann die Ware nicht mehr auf diese PO buchen, sucht sich also irgendeine andere PO des Lieferanten und bucht die Sachen dort drauf. Schwupps hast Du eine Fehlmenge […]. Da hilft dann nur ein sauberer Abliefernachweis mit einer direkten Verbindung zur Rechnung (Rechnungsnummer, ASN, ARN, oder ähnliches) und regelmäßig alles prüfen, Widersprüche einlegen etc […]. Ist echt mühselig!“, beschreibt ein anderer Amazon Lieferant seinen Workaround.

Preiserhöhung durchsetzen [Die Hoffnung stirbt zuletzt]

„Bleibt nur – sofern möglich – die EKs in der nächsten Runde zu erhöhen und den Verlust zu antizipieren“, scheint dann auch eher eine recht hoffnungslose Maßnahme zu sein.

Der Rechtsweg ginge, hätte man da nicht die Hosen voll

„Tatsächlich müsste man das durchklagen, du kommst aber nicht in die Lager rein. Weswegen dein Tracking nur bis zur Ablieferung funktioniert. Wir haben auch einen Mitarbeiter der nur diese Fälle reklamiert, das geht über Gewicht, Verpackungseinheiten etc. Allerdings stellst du dann auch fest, dass Fehler in der eigenen Logistik passieren und auch beim Spediteur. Am besten automatisierst du den Vorgang so gut es geht mit Textbausteinen etc. Zusätzlich wirst Du feststellen, dass gewisse Lager eine Häufigkeit bei Fehlmengen aufweisen, hier würde ich konsequent die Belieferung stornieren. Auf Nachfrage hast du ja deine Statistiken und du kannst jederzeit Amazon um bessere Schulung der eigenen Mitarbeiter bitten“, so glaubt Holger S. seine Herausforderungen optimal zu lösen. Nur das Ding mit dem Klageweg scheint dann doch etwas >spooky< für die meisten Vendoren zu sein. Bedenklich, wenn der Handelspartner sich nicht traut, seine Rechte geltend zu machen, weil er fürchtet, dass er mit Feenstaub aus dem Rennen geschmissen wird.

Angeblich!

„Angeblich hat Amazon eine Unternehmensberatung engagiert, die analysiert hat, bis zu welchem Level die Lieferanten bei diesem Thema leidensfähig sind […]. Super Margenverbesserung!“, so nun steht es im Raum. Es gibt tatsächlich keine weiteren Anhaltspunkte, ob diese Mutmaßung nun stimmt. Wortfilter hat auf Nachfrage bei Amazon keine Rückmeldung oder Stellungnahme erhalten.

Es wäre skandalös, wenn dieser Vorwurf sich erhärten würde. Jedoch stimmt es doch alleine schon nachdenklich, dass solche Mutmaßungen überhaupt denkbar sind. Offensichtlich wehrt sich keiner der Diskutanten gegen diese ungeheuerliche Vermutung. Das impliziert dem geneigten Leser, dass die an dem Diskussionsast teilnehmenden Vendoren ein solch beschriebenes Szenario für möglich halten.

Fazit

Bisher gibt es keine Erkenntnis, ob es sich hier um eine >Ente< handelt oder ob der Vorwurf Fundament hat. Amazon selbst hat keine Stellung dazu genommen. Das im Handel mit ganz harten Bandagen gekämpft wird und das Amazon da auch selbst kräftig mitmischt ist bekannt (-> eBay Händlerklau). So weit, so schlecht. Jedoch scheint, wenn sich diese Vorgehensweise bewahrheiten sollte, tatsächlich auch ein strafrechtliches Verhalten vorzuliegen.

Ist es schon vielsagend, dass Lieferanten diese Praxis für möglich halten?

Und das eigentliche Thema?

Fehlmengen und die damit verbundenen Strafen sind für viele Vendoren ein berechtigter Kritikpunkt. Festzustellen ist, dass den betroffenen Händlern keine praktikable Lösungsmöglichkeit an die Hand gegeben wird. Die Vendoren sind auf Gedeih und Verderb Amazon ausgeliefert. Darf das sein? NEIN!