Das ab 16. Juli 2021 die neue Marktüberwachungsverordnung in Kraft tritt, dürfte nun auch der letzte Händler gemerkt haben. Die bekannten Marktplätze sind eifrig dabei, euch entsprechend darauf hinzuweisen, weil Plattformen und Fulfillment-Dienstleister haften werden, denn die neue Verordnung hat Konsequenzen. Gute und Schlechte!

Was ist zu beachten?

Obwohl es schon heute nicht erlaubt ist, Produkte ohne EU-Adresse hier in Verkehr zu bringen (-> Produktsicherheitsgesetz), ist das ein Punkt, der in der neuen Verordnung nochmals ganz klar geregelt wird. Findige Leser der neuen Verordnung haben Lücken ausgemacht, nämlich, dass diese nur für bestimmte Non-Food-Produkte im harmonisierten Bereich gilt. Das passt augenscheinlich der deutschen Bundesregierung gar nicht, weswegen sie Ende März eine Gesetzesvorschlag an den Bundestag übergeben hat, in dem diese Ausnahmen rausfallen. Sie setzen die neue Marktüberwachungsverordnung kurzerhand auch für nicht-harmonisierte Non-Food-Produkte um! Ob das dann im EU-Kontext rechtens sein wird, bleibt abzuwarten. Erst einmal muss aber damit gearbeitet werden, und das wird Folgen haben..

Zusammengefasst: Es müssen auf allen Waren, die ihr importiert, ein europäischer Ansprechpartner vermerkt sein. Es gibt für vereinzelte Produkte Ausnahmen, z. B. bei Büroklammern. Macht ihr das nicht, haftet ihr und die Plattform bzw. der Fulfilment-Dienstleister. Die überwachende Behörde in Deutschland ist die Bundesnetzagentur.

Drittlandhändler vor Herausforderungen

Für Drittlandhändler ohne eigenen Firmensitz in der EU bedeutet es, dass sie einen Repräsentanten, also einen gesetzlichen Vertreter in der EU benötigen. So etwas stellen z. B. Unternehmen wie productIP.

»Auf jeden Fall werden die Hürden für Händler, die bisher keine EU-Adresse auf den Produkten haben, deutlich höher. Und die Marktplätze haben dafür zu sorgen, dass die Produkte konform und mit EU-Adresse gekennzeichnet sind. Die Behörden werden in der neuen Verordnung auch ermächtigt, Produkte zu vernichten, wenn sie die Anforderungen nicht erfüllen. Schon am Zoll«, so Günter Uhl von productIP

Diese Verordnung macht es also China-Händlern schwerer, ihre Waren in die EU zu verbringen und dort zu verkaufen. Entscheidend über den Erfolg der Verordnung wird sein, inwieweit die Marktüberwachung, Plattformen und Servicedienstleister Ressourcen aufbringen, um Meldungen nachzugehen. Für euch als Händler ist es jedoch die Chance für einen faireren Handel, wenn ihr Verstöße meldet.

Dropshipping ist tot!

Das ist übertrieben, aber der klassische ›Aliexpress‹<-Business-Case wird nicht mehr funktionieren, denn hier fehlt es ganz einfach an der auf dem Produkt aufgebrachten europäischen Adresse. Händler, die sich dieses Modells bedienen, müssen sich auf ein ›Aus‹ oder ein erhebliches Risiko einstellen. Wettbewerber – zumal sie weitgehendst anonym bleiben – werden es nicht unterlassen, Zuwiderhandlungen zur Anzeige zu bringen. Wollt ihr dieses Risiko wirklich tragen?

Amazon & Co.

Viele Plattformen fordern aktuell eine Menge an Dokumenten an. Diese dienen zur Vorbereitung bzw. zur Erfüllung der Normen. Nur mit den Dokumenten alleine ist es nicht getan, auch eure Artikel müssen compliant sein. Ist das nicht der Fall, droht die Vernichtung eurer Waren. Wichtig: Hier ist die Gesetzesvorlage entscheidend, denn sie erweitert die Produktreichweite enorm. Prüft also bitte, ob ihre alle Anforderungen erfüllt. Auch hier kann euch ein Dienstleister wie ProductIP unterstützen.

Unterschätzt das Risiko NICHT! Die Folgen können ASIN-Sperrungen, Produktvernichtungen oder auch ein OWI-Verfahren sein. Das kann eure Existenz kosten. Die Plattformen haften, sodass diese verdammt schnell eure Listings sperren werden. Bitte bedenkt auch das Missbrauchsrisiko. Ein Wettbewerber oder China-Händler kann euch sofort melden.

Missbrauch von Unternehmensidentitäten

China-Händler haben einen großartigen Pragmatismus, Herausforderungen zu lösen. Wir erinnern uns, als die VAT-ID-Pflicht eingeführt worden ist: Nicht wenige Drittlandhändler haben sich einfach VAT-ID ergoogelt und sie für sich genutzt.

»Es werden Einführerinformationen/Vertreterinformationen nach ProdSG missbraucht von Händlern. Dann ist eine XY GmbH Einführer/Vertreter, ohne das zu wissen«, sagt Rechtsanwalt Dr. Jörg Brettschneider voraus.

Und mit solchen kreativen Lösungen ist auch jetzt zu rechnen. Es darf also vermutet werden, dass chinesische Händler Anschriften von echten Repräsentanten oder Unternehmen für sich nutzen werden, um diese auf den Artikeln anzubringen. Hier könnt ihr zum Beispiel auch das Zollsystem nutzen, um euch davor zu schützen.

Zusammenfassung

Auch wenn die Einführung der Verordnung und die Erweiterung der Gesetzesvorlage zunächst mehr bürokratischen Aufwand für euch bedeuten, so macht sie dennoch den Handel fairer. Die Meldemöglichkeiten werden vereinfacht. Plattformen und Fulfiller sitzen als Hafter mit im Boot. Aber am Ende wird die Praxis zeigen, wie erfolgreich diese Maßnahmen sein werden.