Kürzlich berichtete Wortfilter über die Akquise-Anstrengungen von real.de in China. Vertreter des Marktplatzes warben auf einer chinesischen E-Commerce-Messe aktiv Händler an und präsentierten den Marktplatz. Dr. Gerald Schönbucher, CEO von real.digital beteuerte, dass er für fairen Wettbewerb auf seiner Plattform stehe. Aktuelle Rechercheergebnisse zeichnen aber ein anderes Bild.

Real.de & die China-Händler

Auf Twitter äußerte sich der CEO klar und bezog deutlich Position für einen fairen und  globalen Handel ohne Diskriminierung.

„Wir laden immer alle Händler, die mit uns gemeinsam wachsen wollen und sich an die Spielregeln halten, herzlich ein.“ Und: „Wir sind für einen offenen, fairen Wettbewerb. Dabei diskriminieren wir nicht nach Herkunftsland. Wettbewerb führt zu mehr Käufern. Und davon profitieren aller Händler […]“, so Schönbucher in einem Tweet.

Eine starke Position an der sich nun real.de messen lassen muss und vor allem ein großartiges Signal für die deutschen und europäischen Händler, die real.de als dritten Kanal nach Amazon und eBay in Deutschland gewählt haben. Eigenen Bekundungen nach wird die Plattform ein GMV von über einer halben Milliarde Euro in 2019 erreichen.

„Wir positionieren uns daher als ‚der deutsche Player‘ am Markt – und gegen die ganzen Themen, womit Amazon gerade in den Medien kämpft […]“, äußerte der CEO in dem neuesten Kassenzone-Podcast. Aber wie sieht die Realität auf der Plattform aus?

Realitätscheck

Real.de selbst lieferte trotz Anfrage keine Links zu den China-Händler-Shops. Beispielhaft hat Wortfilter fünf China-Händler identifizieren können. Zu erwarten wären nach so viel Lippenbekenntnis der fairen China-Händler mit Versand aus Deutschland, fehlerfreiem Impressum, konformer Rechnungslegung, konformen Belehrungen, richtiger Widerrufsbelehrung und Retourenmöglichkeit in Deutschland oder Europa. Aber das Ergebnis ist enttäuschend.

Diese fünf China Händler sind überprüft worden:

https://www.real.de/shops/lingtat/profile/?id_seller=29308881&type=imprint

https://www.real.de/shops/yanwin/profile/?id_seller=29308689&type=imprint

https://www.real.de/shops/alotofsale/profile/?id_seller=28500209&type=imprint

https://www.real.de/shops/hittime/profile/?id_seller=29172818&type=imprint

https://www.real.de/shops/blilitrade/profile/?id_seller=29293143&type=imprint

Alle Shops haben kein gültiges Impressum, keine wettbewerblich konforme Widerrufsbelehrung, es fehlt eine deutsche Steuernummer, der Versand erfolgt direkt aus Hongkong oder China. Der Ausweis der Mehrwertsteuer in der Preisanzeige und im Verkaufsprozess ist fehlerhaft. Ein Widerruf bzw. Rückversand an eine deutsche Retourenanschrift ist nicht möglich. Der Versand einer ordentlichen Rechnung nach Kauf erfolgt nicht. Teilweise fehlen sogar deutsche Artikelbeschreibungen.

(Quelle: real.de)

Mit Sicherheit fehlen bei den meisten Artikeln die erforderlichen Registrierungen und wahrscheinlich sind ein Großteil der auf real.de gelisteten Produkte nicht dem Produktsicherheitsgesetz entsprechend. Dass die China-Händler beim zentralen Verpackungsregister registriert sind, ist dann auch eher unwahrscheinlich.

(Quelle: real.de)

Des Weiteren verstößt real.de damit auch gegen das >neue< Umsatzsteuergesetz und ist tatsächlich in der Haftung für nicht abgeführte Umsatzsteuer. Das scheint wohl noch keiner bemerkt zu haben. Daher hat Wortfilter das nun zur Anzeige beim Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf gebracht.

Für Endverbraucher bedeutet das nun, dass sie kaum bei niedrigpreisigen Artikeln ihre Verbraucherrechte ausüben können. Wie sollen sie wirtschaftlich Ware nach China retournieren? Abgesehen davon sind sie auch höheren Sicherheitsrisiken ausgesetzt, denn viele Produkte entsprechen nicht den europäischen Produktsicherheitsvorschriften.

(Quelle: real.de eBay.de | gefälschte VAT auf real.de)

Händler sehen sich eben keinem fairen und diskriminierungsfreiem Wettbewerb ausgesetzt. Das Gegenteil ist der Fall. Aufgrund der unlauteren China-Wettbewerber werden europäische und deutsche Händler in den betroffenen Produktgruppen stark benachteiligt. Bei einem – bereits in der Vergangenheit von Wortfilter errechnetem  – Wettbewerbsvorteil von 45 % kann ein deutscher Händler dem nicht Paroli bieten.

Lügen haben kurze Beine

Der Geschäftsführer Dr. Gerald Schönbucher präsentierte ja eben erst den Marktplatz als >deutschen Player<, der sich von den ganzen Dingen mit denen Amazon in den Medien steht, distanziert. Er betonte ja sogar, dass jeder Händler willkommen ist, der sich an die Spielregeln hält. Und er betonte noch dazu , dass nicht nach Herkunftsland diskriminiert wird. Der Realitätscheck hat jedoch gezeigt, dass der CEO da wohl nicht nur seinen Mund etwas zu voll genommen hat, sondern dass er uns eine ganz große Lüge auftischen will.

(Quelle: real.de | Artikel ist eine Drohne)

Mit der Akquisepolitik von China-Händlern und deren Angeboten werden deutsche Händler benachteiligt und diskriminiert. Von >Fair Play< kann keine Rede sein, im Gegenteil. KEINER der fünf China Händler hält sich an die Spielregeln!

Das ist an sich ja nicht verwunderlich, bei Amazon und Co. sind Tausende China-Händler illegal und unfair aktiv, jedoch positioniert sich dort ein CEO auch nicht für einen >fairen Handel< und möchte sich von Amazon wegen genau diesen Praktiken distanzieren.

Fazit: Lügen haben kurze Beine!

UPDATE 15. Okt. 2019

Als Reaktion auf den Wortfilter Artikel hat sich real.de wohl ins Zeug gelegt und ihre China-Händler angeleitet ihre Impressen >in Griff< zu bekommen. Jedenfalls haben nun alle 5 Händler ein ordentliches Impressum hinterlegt. Die angegebenen VAT Nummern sind, soweit eine Prüfung möglich ist, auch gültig.

Jedoch scheint eine ordentliche Widerrufsbelehrung und ein anklickbarer Link zur ODR Plattform immer noch herausfordern zu sein. Schade, denn das wirkt tatsächlich und direkt auf die Möglichkeit, dass Verbraucher ihre Rechte auch wirksam ausüben können.