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Amazon Suspendierung

Was tun, wenn Amazon-Listings wegen Designs gesperrt werden?

Unrechtmäßige Designsperrungen auf Amazon erkennen und bekämpfen, darum geht es in diesem Beitrag.

Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens auf und entdecken, dass Ihr erfolgreiches Amazon-Listing plötzlich gesperrt ist. Der Grund? Ein angebliches Designrecht, das von einem Wettbewerber geltend gemacht wird, obwohl ähnliche Produkte schon lange vor der Anmeldung des Designs verkauft wurden. Dieses Szenario ist keine Seltenheit und stellt eine große Ungerechtigkeit für ehrliche Verkäufer dar, die plötzlich vor massiven Umsatzeinbußen stehen. In diesem Artikel beleuchten wir, wie einige Akteure das EU-Designrecht missbrauchen, um Konkurrenz auszuschalten, und welche Schritte Sie ergreifen können, um sich zu verteidigen und Ihre Listings wieder zu entsperren. Was aber, wenn die üblichen Vorgehensweisen fehlschlagen und Amazon auf Ihre Beschwerden nur mit vorformulierten Antworten reagiert? Lesen Sie weiter, um herauszufinden, wie Sie sich effektiv wehren können und Listings sehr schnell wieder frei bekommen können.

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Kurze Einführung zum Thema EU-Designs und deren Missbrauch auf Amazon

EU-Designs, auch bekannt als Gemeinschaftsgeschmacksmuster, bieten Unternehmen und Einzelpersonen die Möglichkeit, das Aussehen ihrer Produkte auf dem gesamten europäischen Markt zu schützen. Ein registriertes EU-Design schützt die ästhetischen Merkmale eines Produkts, einschließlich Linien, Konturen, Farben, Gestalt, Textur und Materialien. Die Registrierung bietet einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil, da sie dem Inhaber das exklusive Recht verleiht, Dritte von der Nutzung oder dem Verkauf ähnlich aussehender Produkte auszuschließen.

Jedoch hat die steigende Popularität dieses Rechtsschutzes eine dunklere Seite offenbart: den Missbrauch durch manche Akteure, die EU-Designs für Produkte registrieren, die bereits weit verbreitet sind. Diese Praxis zielt darauf ab, Wettbewerber einzuschüchtern oder aus dem Markt zu drängen, indem ungerechtfertigte Designverletzungsansprüche geltend gemacht werden. Auf Plattformen wie Amazon kann dies zur Sperrung von Listings führen, oft gestützt auf schwache oder ungültige Ansprüche, die dennoch erhebliche finanzielle Verluste für die betroffenen Verkäufer bedeuten können.

Dieser Missbrauch des EU-Designrechts untergräbt nicht nur den fairen Wettbewerb, sondern belastet auch das System, das eigentlich dazu gedacht ist, Innovationen und kreatives Schaffen zu fördern. In den folgenden Abschnitten werden wir untersuchen, wie Verkäufer sich gegen solche ungerechtfertigten Ansprüche zur Wehr setzen können und welche rechtlichen Schritte notwendig sind, um die Integrität ihrer Geschäftstätigkeit zu bewahren und ihre Produkte auf Amazon erfolgreich zu vertreiben.

Bedeutung der Problematik für Verkäufer und die dadurch entstehenden Herausforderungen

Die ungerechtfertigte Durchsetzung von Designrechten auf Plattformen wie Amazon stellt für Verkäufer nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein betriebswirtschaftliches Problem dar. Wenn ein Listing aufgrund einer angeblichen Designverletzung gesperrt wird, sind die sofortigen finanziellen Auswirkungen oft gravierend. Umsatzeinbußen können insbesondere für kleinere Unternehmen oder Einzelunternehmer existenzbedrohend sein. Darüber hinaus kann die Sperrung eines Produkts das Vertrauen der Kunden untergraben und langfristig zu einem Verlust an Marktanteilen führen.

Die Herausforderungen gehen jedoch über den unmittelbaren finanziellen Schaden hinaus. Verkäufer müssen oft einen erheblichen Aufwand betreiben, um die Sperrung aufzuheben. Dies umfasst in der Regel die Suche nach juristischer Beratung, das Zusammenstellen von Beweisen, die das Design als nicht neu oder nicht eigenartig charakterisieren, und möglicherweise langwierige rechtliche Auseinandersetzungen. Die Komplexität und die damit verbundenen Kosten können besonders für kleinere Akteure abschreckend wirken.

Zusätzlich besteht die Herausforderung, dass die Kommunikation mit Amazon häufig durch Standardantworten gekennzeichnet ist, die wenig Spielraum für individuelle Erklärungen oder schnelle Lösungen bieten. Die Frustration über diesen Prozess kann bei Verkäufern zu einer Abwanderung führen, die sich gezwungen sehen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken oder andere Vertriebskanäle zu suchen.

Diese gesamte Situation betont die Notwendigkeit einer klaren und zugänglichen Informationsquelle sowie effektiver Strategien, um die Rechte der Verkäufer zu schützen und die Integrität des Marktplatzes zu bewahren. In diesem Kontext ist es essenziell, dass Verkäufer verstehen, wie sie ihre Rechte effektiv verteidigen und ungerechtfertigte Ansprüche erfolgreich abwehren können.

Definition und Erklärung von EU-Designs und deren Zweck

Ein EU-Design, offiziell als Gemeinschaftsgeschmacksmuster bezeichnet, ist ein Schutzrecht, das die visuellen Merkmale eines Produkts oder Teils eines Produkts innerhalb der Europäischen Union schützt. Dies umfasst Elemente wie die Form, Farben, Muster und die Gesamterscheinung eines Gegenstands. Das Ziel eines solchen Designs ist es, dem Inhaber ein exklusives Recht zu verleihen, das Design kommerziell zu nutzen und Dritte von der Herstellung, dem Angebot, dem Verkauf, der Einfuhr oder Ausfuhr von Produkten, die diesem Design entsprechen, auszuschließen.

Die Schutzdauer eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters beträgt zunächst fünf Jahre ab dem Anmeldetag und kann um bis zu vier weitere Fünfjahresperioden verlängert werden, sodass der Schutz insgesamt bis zu 25 Jahre andauern kann. Die Registrierung eines EU-Designs erfolgt über das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und bietet einen unkomplizierten Weg, um Designrechte in allen EU-Mitgliedsstaaten gleichzeitig zu sichern.

Der primäre Zweck des EU-Designschutzes liegt darin, Innovation und Kreativität zu fördern, indem Designern und Unternehmen die Gewissheit gegeben wird, dass ihre kreativen Investitionen geschützt sind. Dies fördert wiederum wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen Markt. In einem funktionierenden System schützt das Designrecht somit nicht nur die Interessen der Rechteinhaber, sondern unterstützt auch die Entwicklung eines vielfältigen und innovativen Marktes für Verbraucher.

Wie und warum Designs missbräuchlich registriert werden

Die missbräuchliche Registrierung von EU-Designs entsteht, wenn Akteure die rechtlichen Rahmenbedingungen ausnutzen, um sich ungerechtfertigte Vorteile auf dem Markt zu verschaffen. Dieses Verhalten kann verschiedene Formen annehmen, ist aber oft gekennzeichnet durch die Registrierung von Designs, die nicht die gesetzlichen Kriterien der Neuheit und Eigenart erfüllen.

  • Fehlende Neuheit: Ein Design gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Missbräuchliche Anmeldungen ignorieren häufig diese Voraussetzung und registrieren Designs, die bereits öffentlich bekannt sind oder auf bereits existierenden Produkten basieren. Das Amt überprüft dieses Erfordernis erst einmal nämlich nicht.
  • Mangelnde Eigenart: Ein Design muss eine Eigenart aufweisen, das heißt, der Gesamteindruck beim informierten Benutzer muss sich von anderen Designs unterscheiden. Missbräuchliche Registrierungen beinhalten oft Designs, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, da sie zu nah an bestehenden Designs liegen oder allgemeine, nicht spezifische Formen verwenden.
  • Strategische Registrierungen: Einige Unternehmen oder Individuen melden bewusst Designs an, die breit genug sind, um Wettbewerber einzuschüchtern oder abzuschrecken. Sie nutzen die Designrechte als Werkzeug im Wettbewerb, weniger zum Schutz echter kreativer Leistungen.
  • Ausnutzung der Rechtssysteme: Die missbräuchliche Nutzung von Designrechten erfolgt oft in Kombination mit der Ausnutzung langsamer rechtlicher Prozesse. Durch die Registrierung eines ungültigen Designs können unehrliche Akteure rechtliche Auseinandersetzungen provozieren, die für den angegriffenen Parteien zeit- und kostenaufwendig sind.

Dieses Vorgehen kann auf Plattformen wie Amazon gravierende Auswirkungen haben, da die Plattform bei Vorwürfen von Designverletzungen häufig automatisch reagiert und Listings sperrt, ohne eine tiefergehende Prüfung der Rechtslage vorzunehmen. Der Missbrauch von EU-Designrechten stellt somit eine ernsthafte Bedrohung für den fairen Wettbewerb und die Rechtssicherheit auf dem digitalen Markt dar. Die Herausforderung für rechtschaffene Akteure liegt darin, sich gegen solche Praktiken zu wehren und gleichzeitig die Integrität und den Zweck des Designschutzes zu wahren.

Beispiele missbräuchlicher Fälle von Designanmeldungen

Um das Problem des missbräuchlichen Einsatzes von EU-Designs zu verdeutlichen, betrachten wir einige fiktive, aber realistische Beispiele, die auf tatsächlichen Vorkommnissen basieren könnten:

Fall 1: Das allgemeine Smartphone-Design

Ein Unternehmen A registriert ein Design für ein Smartphone, das eine allgemeine rechteckige Form und einen typischen Bildschirm aufweist – Merkmale, die bei den meisten modernen Smartphones zu finden sind. Dieses Design wird dann genutzt, um Klagen gegen Wettbewerber B und C zu erheben, deren Smartphones ebenfalls diese allgemeinen Merkmale aufweisen. Unternehmen A behauptet, dass die Produkte von B und C das eingetragene Design verletzen, obwohl klar ist, dass solche grundlegenden Merkmale bereits weit verbreitet waren.

Fall 2: Das Retro-Stuhldesign

Ein Designer D registriert ein Design für einen Stuhl, das stark an ein populäres Modell aus den 1970er Jahren erinnert, das gemeinfrei geworden ist. Trotz der offensichtlichen fehlenden Neuheit des Designs nutzt Designer D das registrierte EU-Design, um von verschiedenen Möbelherstellern Lizenzgebühren zu fordern oder droht mit rechtlichen Schritten, falls diese nicht zahlen.

Fall 3: Das generische Textilmuster

Hersteller E registriert ein einfaches kariertes Muster als EU-Design, obwohl ähnliche Muster seit Jahrzehnten in der Textilindustrie verwendet werden. Hersteller E verwendet diese Registrierung dann, um andere Bekleidungshersteller, die ähnliche Muster verwenden, abzumahnen und die Entfernung ihrer Produkte vom Markt zu verlangen.

Diese Beispiele zeigen, wie das EU-Designrecht missbraucht werden kann, um unfaire Vorteile zu erlangen oder Konkurrenten zu schaden. Solche Praktiken nicht nur beeinträchtigen den fairen Wettbewerb, sondern untergraben auch das Vertrauen in das System des geistigen Eigentums, das eigentlich dazu gedacht ist, echte Innovationen und kreative Leistungen zu schützen.

Beschreibung der Auswirkungen einer Sperrung auf das Geschäft der Verkäufer

Eine Sperrung auf Amazon aufgrund einer angeblichen Designverletzung kann tiefgreifende Auswirkungen auf das Geschäft eines Verkäufers haben. Die direkten und indirekten Folgen einer solchen Sperrung sind vielfältig und können langfristige negative Effekte nach sich ziehen.

  • Direkte finanzielle Verluste: Das offensichtlichste und sofort spürbare Ergebnis einer Sperrung ist der Verlust des Umsatzes. Für viele Verkäufer stellt das gesperrte Produkt eine wesentliche Einkommensquelle dar. Die Einstellung der Verkäufe kann daher schnell zu erheblichen finanziellen Einbußen führen. Diese Situation wird noch verschärft, wenn Lagerkosten und andere fixe Kosten weiterlaufen, während die Einnahmen abrupt stoppen.
  • Beeinträchtigung der Kundenbeziehungen: Verkäufer bauen oft über Monate oder Jahre hinweg Kundenbeziehungen auf. Eine plötzliche Unfähigkeit, Bestellungen zu erfüllen, kann zu Unzufriedenheit und Vertrauensverlust führen. Dies kann sich negativ auf die Kundenbewertungen und das allgemeine Markenimage auswirken, was langfristig die Kundenbindung beeinträchtigt.
  • Verschlechterung des Rankings und der Sichtbarkeit: Amazon verwendet Algorithmen, die unter anderem Verkaufszahlen berücksichtigen, um die Platzierung von Listings in Suchergebnissen zu bestimmen. Eine längere Abwesenheit oder eine Reduzierung der Verkaufsaktivität kann dazu führen, dass ein Listing in den Suchergebnissen nach unten rutscht, was die Sichtbarkeit des Produkts weiter verringert und eine Erholung nach der Freigabe erschwert.
  • Erhöhter administrativer und rechtlicher Aufwand: Die Bemühungen, ein gesperrtes Listing wieder freizuschalten, können umfangreich und zeitaufwendig sein. Dies umfasst die Kommunikation mit Amazon, die Beschaffung und Einreichung der erforderlichen Dokumente und Beweise sowie möglicherweise die Einleitung rechtlicher Schritte. Dieser Prozess kann Ressourcen binden, die andernfalls für die Entwicklung des Geschäfts oder die Verbesserung des Kundenservices genutzt werden könnten.
  • Langfristige strategische Nachteile: Ein gesperrtes Listing kann den Markteintrittsplan eines Unternehmens erheblich stören, insbesondere wenn es um den Launch neuer Produkte geht. Die Planung und Ausführung von Marketingkampagnen, die Abstimmung mit Lieferketten und andere strategische Aktivitäten können durch die Unsicherheit und die Ressourcenbindung, die mit einer Sperrung einhergehen, negativ beeinflusst werden.

Diese Faktoren verdeutlichen, dass eine Sperrung weit mehr als nur eine temporäre Unannehmlichkeit darstellen kann. Sie kann die Grundlagen eines Geschäfts erschüttern und erfordert eine schnelle, durchdachte Reaktion, um die Auswirkungen zu minimieren und die Wiederherstellung des normalen Geschäftsbetriebs zu beschleunigen.

Problematik der standardisierten Antworten von Amazon und mangelnder Unterstützung

Die Kommunikation mit Amazon bei einer Listing-Sperrung wegen einer vermeintlichen Designverletzung ist oft frustrierend für Verkäufer, da die Antworten in der Regel standardisiert und wenig auf die individuellen Umstände des Falles eingehen. Diese Art der Kommunikation wirft mehrere Probleme auf, die sowohl die Effizienz als auch die Effektivität des Lösungsprozesses beeinträchtigen.

  • Mangelnde Spezifität und Relevanz der Antworten: Viele Verkäufer erhalten vorformulierte Antworten, die nicht auf die spezifischen Details ihrer Beschwerde oder ihres Falles eingehen. Dies führt zu einem Gefühl der Hilflosigkeit, da die Antworten oft keine konkreten oder hilfreichen Informationen darüber enthalten, wie das Problem tatsächlich behoben werden kann.
  • Verzögerte Prozesse: Aufgrund des automatisierten Charakters der Kommunikation kann es lange dauern, bis individuelle Fälle tatsächlich von einem Menschen überprüft und bearbeitet werden. Diese Verzögerungen können die Dauer der Listing-Sperrung unnötig verlängern, was wiederum zu weiteren finanziellen Verlusten führt.
  • Fehlende Transparenz: Amazon-Verkäufer stehen oft vor dem Problem, dass die genauen Gründe für eine Sperrung nicht klar kommuniziert werden. Ohne ein klares Verständnis der zugrunde liegenden Ursache ist es für die Verkäufer schwierig, die notwendigen Schritte zur Lösung des Problems zu unternehmen.
  • Einschränkungen im Widerspruchsprozess: Die standardisierten Antworten lassen häufig wenig Raum für einen effektiven Widerspruch oder eine Berufung. Verkäufer, die versuchen, ihre Situation zu klären und die Sperrung aufzuheben, stoßen oft auf bürokratische Hürden, die es schwer machen, ihr Anliegen effektiv vorzutragen.
  • Fehlende proaktive Unterstützung: In vielen Fällen fehlt es an proaktiver Unterstützung durch Amazon, um den Verkäufern bei der Navigation durch den Prozess zu helfen. Dies kann besonders für neue oder unerfahrene Verkäufer eine große Herausforderung darstellen, da sie möglicherweise nicht über das Wissen oder die Ressourcen verfügen, um auf eigene Faust effektiv zu handeln.

Diese Kommunikationsbarrieren verschärfen die Schwierigkeiten, die mit einer Sperrung verbunden sind, und können das Vertrauen in Amazons Plattform untergraben. Für eine gerechte und effiziente Lösung ist es entscheidend, dass Amazon seine Kommunikationsstrategien verbessert und mehr auf die individuellen Bedürfnisse und spezifischen Umstände der Verkäufer eingeht.

Erste Schritte: Überprüfung der Legitimität des Designs und Sammlung relevanter Beweise

Wenn Sie als Amazon-Verkäufer mit einer Sperrung Ihres Listings aufgrund einer behaupteten Designverletzung konfrontiert sind, ist es entscheidend, schnell und systematisch zu handeln. Der erste Schritt in diesem Prozess ist die Überprüfung der Legitimität des geltend gemachten EU-Designs und die Sammlung aller relevanten Beweise, die Ihre Position stärken können.

  • Überprüfung der Designregistrierung: Beginnen Sie damit, das EU-Design zu recherchieren, das als Grundlage für die Sperrung Ihres Listings angeführt wird. Überprüfen Sie, ob das Design tatsächlich im Register des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eingetragen ist. Notieren Sie sich die Registrierungsnummer, das Datum der Anmeldung und der Registrierung und die spezifischen Merkmale des Designs, die geschützt werden.
  • Vergleich des Designs mit Ihrem Produkt: Analysieren Sie, inwieweit Ihr Produkt tatsächlich Ähnlichkeiten mit dem registrierten Design aufweist. Achten Sie dabei besonders auf die Merkmale, die in der Designregistrierung als einzigartig oder neu dargestellt wurden. Dies kann Ihnen helfen zu verstehen, ob eine tatsächliche Verletzung vorliegen könnte.
  • Sammlung von Gegenbeweisen: Suchen Sie nach Beweisen, die zeigen, dass Ihr Produkt nicht das geltend gemachte Design verletzt. Dies kann beinhalten:
    • Vorherige Existenz: Beweise dafür, dass ähnliche Designs oder Produkte bereits vor der Anmeldung des betreffenden Designs existierten.
    • Differenzierende Merkmale: Klare Darstellung der Unterschiede zwischen Ihrem Produkt und dem geschützten Design.
  • Dokumentation der Produkthistorie: Sammeln Sie alle verfügbaren Informationen über die Entwicklung und den Vertrieb Ihres Produkts, einschließlich Entwurfsdaten, Markteinführungszeitpunkt und Verkaufsgeschichte. Dies hilft zu demonstrieren, dass Ihr Produkt unabhängig von dem geltend gemachten Design entwickelt wurde.
  • Rechtliche Beratung: Es kann sehr nützlich sein, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen. Ein spezialisierter Patentanwalt kann Ihnen nicht nur helfen, die Komplexität des Designsrechts besser zu verstehen, sondern auch effektive Strategien für die Kommunikation mit Amazon und die rechtliche Auseinandersetzung entwickeln.

Indem Sie diese Schritte sorgfältig durchführen, legen Sie ein solides Fundament für die Widerlegung der behaupteten Designverletzung und für die mögliche Wiederaufnahme Ihres Amazon-Listings. Dieser Prozess ist entscheidend für die Verteidigung Ihrer Interessen und die Minimierung der Auswirkungen der Sperrung auf Ihr Geschäft.

Strategien zur Entsperrung der Listings: Löschungsverfahren, einstweilige Verfügungen, Druckausübung auf den „Sperrer“

Nachdem die notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen sind, stehen Ihnen verschiedene Strategien zur Verfügung, um die Sperrung Ihres Amazon-Listings effektiv anzugehen. Diese Maßnahmen reichen von rechtlichen Schritten bis hin zu direkten Verhandlungen mit dem „Sperrer“.

  • Druckausübung auf den „Sperrer“: Eine direkte Strategie ist, den „Sperrer“ unter Druck zu setzen, die Beschwerde gegenüber Amazon zurückzuziehen. Dies kann durch formelle Aufforderungen oder durch Androhung weiterer rechtlicher Schritte erfolgen, sollte der „Sperrer“ nicht bereit sein, die Beschwerde zurückzunehmen. Oft ist es wirksam, die rechtlichen und finanziellen Risiken, die eine fortgesetzte unrechtmäßige Sperrung für den „Sperrer“ bedeuten könnten, klar zu kommunizieren.
  • Löschungsverfahren einleiten: Wenn Sie nach Ihrer Überprüfung zu dem Schluss kommen, dass das geltend gemachte Design die gesetzlichen Anforderungen für Schutzfähigkeit nicht erfüllt (z.B. wegen fehlender Neuheit oder Eigenart), können Sie ein Löschungsverfahren beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) einleiten. Ein erfolgreiches Löschungsverfahren führt zur Ungültigkeitserklärung des Designs, was die Basis für die Sperrung Ihres Listings untergraben würde.
  • Einstweilige Verfügung beantragen: In Fällen, in denen ein schnelles Handeln erforderlich ist, insbesondere wenn erhebliche finanzielle Verluste drohen, können Sie eine einstweilige Verfügung gegen den „Sperrer“ bei Gericht beantragen. Diese rechtliche Maßnahme zielt darauf ab, die sofortige Aufhebung der Sperrung zu erreichen, indem das Gericht den „Sperrer“ vorläufig daran hindert, seine Ansprüche gegen Ihr Listing durchzusetzen. Wir haben jetzt schon einige Male diese Strategie erfolgreich gewählt, auch wenn der Gegner nicht innerhalb der EU angesiedelt war. Die Weiterleitung der einstweiligen Verfügung an die Amazon Rechtsabteilung hat in der Regel ausgereicht. Eine Zustellung andie Gegenseite war für Amazon normalerweise nicht notwendig. Wir haben mit dieser Methode Listings in etwa 2 Wochen wieder freibekommen, wenn Amazon auf die erste direkte Bitte um Freigabe nicht entsprechend reagiert hat.
  • Verhandlung und Mediation: In einigen Fällen kann es vorteilhaft sein, eine weniger konfrontative Herangehensweise zu wählen, indem man Verhandlungen oder eine Mediation anstrebt. Dies kann besonders dann sinnvoll sein, wenn der „Sperrer“ selbst nicht vollständig über die Unrechtmäßigkeit seines Handelns informiert ist oder wenn es Raum für einen Kompromiss gibt, der beiden Parteien Vorteile bietet.
  • Kommunikation mit Amazon: Schließlich sollten Sie auch weiterhin aktiv mit Amazon kommunizieren, um die Situation zu klären. Es ist hilfreich, alle rechtlichen Schritte und die Beweise, die Sie im Rahmen Ihrer Verteidigung gesammelt haben, Amazon gegenüber detailliert darzulegen. Dies kann die Plattform dazu bewegen, die Sperrung zu überdenken und möglicherweise aufzuheben.

Durch die Kombination dieser Strategien können Sie eine robuste Reaktion auf eine ungerechtfertigte Sperrung Ihres Amazon-Listings aufbauen. Jede Situation erfordert eine angepasste Herangehensweise, basierend auf den spezifischen Umständen und der Natur des Konflikts.

Darstellung realer Fälle aus unserer Praxis

Listing für Sportartikel von Unternehmen aus UK gesperrt

Ein markantes Beispiel aus der Praxis, das die Herausforderungen und Strategien im Umgang mit Designsperrungen auf Amazon verdeutlicht, betrifft einen Sportartikelhersteller. Ein britisches Unternehmen hatte behauptet, ein eingetragenes EU-Design für diesen speziellen Sportartikel zu besitzen, obwohl das Design in Wirklichkeit bereits vor der Anmeldung von einem chinesischen Hersteller produziert und verkauft wurde. Dieses chinesische Design war sogar schon vorher in China geschützt worden.

Das britische Unternehmen nutzte das EU-Design, um das Listing unseres Mandanten auf Amazon sperren zu lassen, was den legitimen Verkauf des Produkts durch andere Händler blockierte. Die Situation eskalierte, als der betroffene Verkäufer von Amazon eine Standardbenachrichtigung über die Sperrung erhielt. Trotz mehrerer Versuche, die Angelegenheit direkt mit Amazon zu klären, blieb die Sperrung bestehen, da die Plattform in der Regel nicht aktiv wird, ohne dass der Sperrer die Beschwerde zurückzieht.

In diesem Fall haben wir für unseren Mandanten Schritte unternommen, um den Sperrer dazu zu bewegen, die Beschwerde zurückzunehmen. Dazu gehörte die deutliche Darstellung der vorherigen Existenz des Designs und der Beweis, dass das EU-Design nicht hätte registriert werden dürfen. Als der Gegner sich dann immer noch „zierte“, die Beschwerde gegenüber Amazon zurückzunehmen, obwohl er eingesehen hatte, dass das Design nicht neu und somit löschungsreif war, haben wir dann seinen britischen Anwalt in den Emails in CC genommen. Britische Anwälte können durchaus teurer als deutsche Anwälte sein und so hat der „Sperrer“ aus UK dann doch irgendwann die Beschwerde bei Amazon zurückgenommen, da er die Rechnungen seiner britischen Anwälte für das Studium der ganzen Emails nicht mehr bezahlen wollte. Man kann in seiner Strategie also durchaus auch mal kreaktiv werden.

Die Auseinandersetzung zeigte, wie kritisch und komplex solche Fälle sein können und unterstrich die Notwendigkeit einer gründlichen Vorbereitung und der Bereitschaft, rechtliche Schritte zu ergreifen, um die eigenen Verkaufsrechte effektiv zu verteidigen.

Listing für Partyzelte aufgrund eines EU-Designs eines chinesischen Inhabers gesperrt

In einem anderen Fall ging es um deutlich mehr monatlichen Umsatz, so dass schnelles Handeln erforderlich war. Es ging um mehrere zehntausend EUR monatlicher Umsatz, die durch die Sperrung des Listings ausgefallen waren. Ein Händler hatte sich an uns gewandt, da mehrere Listings für Partyzelte aufgrund eines EU-Designs eines chinesischen Inhabers gesperrt worden war.

Da die Rechtsabteilung von Amazon und auch der „Sperrer“ aus China auf unser erstes Schreiben nicht adäquat reagiert haben, haben wir uns dazu entschlossen, eine einstweilige Verfügung gegen den „Sperrer“ zu beantragen, dass dieser unterlassen solle, die Listings ungerechtfertigt zu sperren. Nachdem wir dem Richter glaubahft gemacht haben, dass wir den „Sperrer“ zuvor über die uns mitgeteilte Kontakt-Emailadresse über unseren Wunsch der Aufhebung der Beschwerde informiert hatten und genügend Zeit für eine Reaktion eingeräumt hatten, hat das Landgericht Düsseldorf diese einstweilige Verfügung erlassen.

Einige unter  Ihnen werden sich jetzt fragen, dass dieses Vorgehen doch eigentlich sinnlos ist, da man die einstweilige Verfügung zur Vollstreckung doch vermutlich ohnehin nicht in China dem „Sperrer“ zustellen könnte. Dies war aber der Rechtsabteilung von Amazon in Deutschland egal. Diese hat nach Kenntnisnahme der Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf die Beschwerde wieder aufgehoben.

Eine einstweilige Verfügung zu beantragen ist sicherlich kostspieliger als die übrigen Varianten. Allerdings lohnt sich ein solches Vorgehen natürlich immer dann, wenn aufgrund des hohen zu ewartenden Schadens durch Gewinnausfall diese Kosten vergleichsweise gering sind.

Was lernen wir aus diesen Fällen?

Man muss in jedem Fall abwägen, welches die ökonomisch sinnvollste Lösung für den Mandanten ist. Für manche reicht es vollkommen aus, wenn man die Löschung des EU-Designs beantragt und die Löschung ein paar Monate dauert, da es nicht um viel Umsatz geht. In anderen Fällen zählt aufgrund des hohen Gewinnausfalls jeder Tag, so dass ein sehr schnelles Handeln notwendig ist.

Zusammenarbeit mit einem Patentanwalt

Die Zusammenarbeit mit einem Patentanwalt kann entscheidend sein, um die Herausforderungen, die mit einer Sperrung von Amazon-Listings aufgrund vermeintlicher Designverletzungen einhergehen, effektiv zu bewältigen. Ein spezialisierter Patentanwalt bringt nicht nur tiefgehendes Verständnis für geistiges Eigentumsrecht mit, sondern auch wertvolle Erfahrung im Umgang mit Plattformen wie Amazon.

  • Rechtliche Expertise: Patentanwälte, die sich auf geistiges Eigentum spezialisieren, sind mit den Feinheiten des Designsrechts vertraut. Sie können die Stärken und Schwächen eines Falls beurteilen und fundierte Ratschläge zur Verteidigung gegen unberechtigte Ansprüche geben.
  • Strategieentwicklung: Ein Anwalt kann helfen, eine klare Strategie zu entwickeln, wie auf die Sperrung reagiert werden soll. Dies umfasst die Vorbereitung und Einreichung von Beschwerden, das Verfassen von rechtlichen Schreiben an den „Sperrer“ und das Durchführen von Verhandlungen oder Mediationen.
  • Vertretung in Verfahren: Sollte es erforderlich sein, vertritt der Anwalt den Verkäufer in rechtlichen Verfahren, sei es bei der Beantragung einer einstweiligen Verfügung oder bei der Durchführung eines Löschungsverfahrens. Die professionelle Vertretung kann die Chancen auf eine erfolgreiche Lösung erheblich verbessern.
  • Kommunikation mit Amazon: Anwälte können effektiv mit Amazon kommunizieren, um die spezifischen rechtlichen Aspekte des Falls darzulegen. Ihre Fachkenntnisse und rechtliche Autorität können dazu beitragen, dass Amazon die Angelegenheit ernster nimmt und schneller reagiert.
  • Entlastung und Beratung: Die Zusammenarbeit mit einem Anwalt entlastet die Verkäufer von dem Druck, sich eigenständig durch komplexe rechtliche Herausforderungen zu navigieren. Anwälte können zudem über mögliche Risiken aufklären und dazu beraten, wie sich langfristige Schäden für das Geschäft vermeiden lassen.

Indem Sie einen Patentanwalt einschalten, sichern Sie sich nicht nur juristischen Beistand, sondern auch einen strategischen Partner, der darauf spezialisiert ist, Ihre Rechte zu schützen und Ihr Geschäft vor ungerechtfertigten Eingriffen zu bewahren.

Wie man sich optimal vorbereitet: Informationen, die der Anwalt benötigt

Um die Zusammenarbeit mit Ihrem Anwalt effektiv zu gestalten und die Chancen auf eine schnelle und erfolgreiche Lösung Ihres Falls zu maximieren, ist es wichtig, gut vorbereitet zu sein. Hier sind spezifische Informationen, die Sie Ihrem Anwalt bereitstellen sollten, damit dieser Ihre Situation umfassend beurteilen und entsprechend handeln kann:

  • Detaillierte Fallbeschreibung: Erklären Sie den Sachverhalt so genau wie möglich, inklusive des Zeitpunkts der Sperrung Ihres Listings und aller relevanten Vorkommnisse, die dazu geführt haben könnten. Je detaillierter Ihre Informationen, desto besser kann Ihr Anwalt die Situation verstehen und entsprechend agieren.
  • Kommunikation mit Amazon: Liefern Sie alle Korrespondenzen, die Sie mit Amazon geführt haben, einschließlich jeglicher Benachrichtigungen über die Sperrung und folgender Kommunikation. Diese Dokumente sind entscheidend, um den Verlauf der Ereignisse nachzuvollziehen und Ihre Argumentation gegenüber Amazon zu stützen.
  • Nachweise über die Unabhängigkeit Ihres Produkts: Sammeln Sie alle Beweise, die zeigen, dass Ihr Produkt unabhängig entwickelt wurde, einschließlich Entwurfszeichnungen, Entwicklungsnotizen und Datierungen dieser Dokumente. Diese Informationen sind essentiell, um zu beweisen, dass Ihr Produkt das geltend gemachte Design nicht verletzt.
  • Details zu Ihrem Produkt: Geben Sie detaillierte Informationen und Spezifikationen Ihres Produkts, einschließlich Fotos, Beschreibungen und Verkaufshistorie. Diese Daten helfen Ihrem Anwalt, die Unterschiede zwischen Ihrem Produkt und dem geschützten Design zu analysieren und entsprechend zu argumentieren.
  • Geschäftliche Auswirkungen: Erläutern Sie die finanziellen und betrieblichen Auswirkungen der Sperrung auf Ihr Geschäft. Dazu zählen Umsatzverluste, beeinträchtigte Kundenbeziehungen und andere relevante Geschäftseinbußen. Diese Informationen sind wichtig, um die Dringlichkeit und den Schaden in Ihrem Fall zu unterstreichen.

Durch das Bereitstellen dieser umfassenden Informationen ermöglichen Sie es Ihrem Anwalt, eine starke Verteidigung für Ihr Anliegen aufzubauen und aktiv gegen die Sperrung Ihres Listings vorzugehen.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte und Appell an Verkäufer, proaktiv zu sein und rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen

Dieser Artikel hat die vielschichtige Problematik der ungerechtfertigten Sperrungen von Amazon-Listings aufgrund von EU-Designs und die daraus resultierenden rechtlichen und geschäftlichen Herausforderungen beleuchtet. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Überprüfung der Legitimität: Es ist entscheidend, dass Sie die Echtheit und die Rechtmäßigkeit der gegen Ihr Listing geltend gemachten Designansprüche gründlich überprüfen.
    • Sammlung von Beweisen: Die Zusammenstellung umfangreicher Beweise ist unerlässlich, um Ihre Position zu stärken und die Unabhängigkeit Ihres Produktdesigns zu beweisen.
    • Rechtliche Strategien: Diverse rechtliche Maßnahmen, wie Löschungsverfahren, einstweilige Verfügungen und direkte Aufforderungen zur Rücknahme ungerechtfertigter Ansprüche, sind wirksame Mittel zur Verteidigung Ihrer Rechte.
    • Zusammenarbeit mit Fachleuten: Die Kooperation mit Patentanwälten, die sich auf geistiges Eigentum spezialisieren, bietet Ihnen nicht nur juristische Expertise, sondern auch praktische Unterstützung im Umgang mit komplexen Verfahren und Verhandlungen.

Appell an Verkäufer

Als Verkäufer auf Amazon ist es essenziell, nicht passiv zu bleiben, wenn Ihr Listing ungerechtfertigt gesperrt wird. Proaktives Handeln ist gefragt, um Ihre geschäftlichen Interessen und Ihr geistiges Eigentum zu schützen. Zögern Sie nicht, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, sobald Sie mit einer solchen Situation konfrontiert sind. Ein spezialisierter Patentanwalt kann entscheidend dazu beitragen, die Sperrung effektiv und effizient anzufechten und Ihr Listing schnell wiederherzustellen.

Indem Sie informiert und bereit sind, die notwendigen Schritte zu ergreifen, können Sie nicht nur Ihre aktuellen Listings schützen, sondern auch ein sichereres Umfeld für Ihr zukünftiges Geschäftswachstum auf Amazon schaffen. Es ist wichtig, sich dieser Herausforderungen bewusst zu sein und vorbereitet zu sein, um auf sie reagieren zu können. Dies stärkt nicht nur Ihre Position als Verkäufer, sondern trägt auch dazu bei, den Marktplatz fair und wettbewerbsfähig zu halten.

BGH entscheidet: Amazon ist Chef im Ring. Mit Konsequenzen.

Der BGH hat entschieden, dass Amazon eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat. Damit hat das Gericht erstmals  über eine Beschwerde gegen eine Feststellung gemäß §19a GWB entschieden. Gegen diese Feststellung gibt es keine weiteren rechtlichen Möglichkeiten.

Hintergrund: Bundeskartellamt vs. Amazon

Das Verfahren wurde ursprünglich 2021 vom Bundeskartellamt angestoßen. Die Behörde wollte feststellen ob Amazon eine überragende Stellung im Markt hat. Dabei nutzen die Beamten die ebenfalls 2021 eingeführten neuen Regelungen des § 19a Abs. 1 GWB. Dieser sieht ein 2-Stufiges Verfahren vor. Erst ist die Marktstellung festzustellen um dann in Schritt 2 dem Unternehmen Verhaltensweisen zu untersagen. Gegen die Entscheidung in Schritt 1 hatte Amazon Beschwerde eingelegt. Über diese Entscheidung hat nun der BGH als letzte Instanz entschieden.

Amazon ist weltweit unter anderem im Bereich des E-Commerce, als stationärer Einzelhändler und als Anbieter von cloudbasierten IT-Dienstleistungen (Amazon Web Services, AWS) tätig.

“Der Konzern war zum 27. Dezember 2021 mit einer Marktkapitalisierung von 1,721 Billionen USD das fünftwertvollste Unternehmen der Welt, wobei der Börsenwert innerhalb der vorangegangenen sieben Jahre um etwa 443 % gestiegen war. Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr 2021 weltweit Umsätze von rund 469,8 Mrd USD. Auf Deutschland entfielen davon rund 37,3 Mrd USD. Damit stellte Deutschland auf den Umsatz bezogen nach den USA den zweitwichtigsten (Absatz-)Markt für Amazon dar. Die jährlichen Gewinne stiegen von (weltweit) 3 Mrd USD im Geschäftsjahr 2017 auf 33,4 Mrd USD in 2021, mithin um 1013 %. Amazon gehört mit 1,6 Mio Mitarbeitern zum 31. Dezember 2021 zu den größten Arbeitgebern weltweit.

Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 5. Juli 2022 nach § 19a Abs. 1 GWB festgestellt, dass Amazon.com, Inc. einschließlich der mit ihr verbundenen Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt.

Die Feststellung ist auf fünf Jahre nach Eintritt der Bestandskraft befristet.

Gegen diesen Beschluss haben Amazon.com, Inc. und eine deutsche Konzerngesellschaft Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den Beschluss aufzuheben. Während des Beschwerdeverfahrens wurde Amazon von der Europäischen Kommission als Torwächter gemäß Art. 3 Digital Markets Act (DMA) benannt. Für die von Amazon betriebenen Vermittlungsplattformen Amazon Marketplace und Amazon Advertising gelten in der Europäischen Union seit dem 7. März 2024 die das Marktverhalten regelnden Vorschriften des DMA. “, so die Pressemitteilung.

In ihrer Entscheidungsbegründung drücken sie sehr klar aus, wie sie Amazons Stellung im Markt bewerten: “Die Feststellung der überragenden marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb setzt keine konkrete Wettbewerbsgefahr oder Wettbewerbsbeeinträchtigung voraus. Vielmehr reicht dafür das Vorliegen der strategischen und wettbewerblichen Möglichkeiten aus, deren abstraktes Gefährdungspotential durch die Vorschrift adressiert wird.” und weiter “Der Konzern ist auf einer Vielzahl von verschiedenen, vertikal integrierten und in vielfältiger und konglomerater Weise miteinander verbundenen Märkten tätig und hat eine marktbeherrschende Stellung auf dem deutschen Markt für Online-Marktplatzdienstleistungen für gewerbliche Händler.” ist in der Pressemitteilung des BGH vom gestrigen Tage zu lesen.

Welche Bedeutung hat nun diese höchstrichterliche Entscheidung

Tatsächlich war der Entscheid über Amazon marktbeherrschende Stellung bereits rechtskräftig. Die Behörde hat seitdem die Möglichkeit effizienter gegen das Unternehmen vorzugehen um ihm Verhaltensweisen zu untersagen. In der täglichen Händlerpraxis ist dieses Damoklesschwert welches latent über Amazon schwebt zu spüren: Amazon ist netter zu den Sellern geworden.

Damit zeigt sich in der Praxis, dass Experten wie z.B. Prof. Dr. Gerrit Heinemann sich geirrt haben. Heinemann bezeichnete das Amt gegen Amazon als >zahnlosen Papiertiger<.

Auch wenn für viele Politik, Behörden und Gesetze abstrakt und ohne Einfluss wirken, es ist nicht so. Zwar sind politische Wege lang und oftmals sind es Wege der kleinen Schritte, aber sie helfen.

Hier ein paar mutmaßliche Amazon Entscheidungen bei denen der § 19a Abs. 1 mit gewirkt haben kann:

  • Schnellere Freigabe von einbehaltenen Zahlungen
  • Verschiebung der Rücklagenrichtlinie
  • Aufhebung von Suspendierungen
  • Aussenkommunikation bei Händlerthemen

Was denkt ihr, wo behandelt euch Amazon noch unfair und wo würdet ihr euch mehr Aktivität wünschen?

Achtung: Neue EU-Zahlungsverzugsverordnung

Es gibt bereits eine EU-Richtlinie welche den Zahlungsverkehr im B2B und G2B Bereich regelt. In Deutschland ist sie umgesetzt im Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug. Diese scheint aber Brüssel nicht zu reichen. Sie soll erneuert werden und heisst dann: Zahlungsverzugsverordnung. Diese trifft euch.

Frei vereinbare Zahlungsfristen

Mehr oder weniger erlaubte die alte Richtlinie die Zahlungsfristen frei zu vereinbaren. Bezahlung der Lieferanten nach mehr als 60 Tagen konnten vereinbart werden. Davor soll nun ein Riegel geschoben werden. Brüssel denkt, dass durch zu lange Fristen die Gläubiger immer benachteiligt werden.

Neue Zahlungsfristen sollen schneller Geld in die Kasse spülen

Die EU-Politiker sind der Meinung, dass die bisherige Richtlinie nicht das gebracht hat was sie sich gedacht haben. KMU sollen schnell und zuverlässig ihre Rechnungen bezahlt bekommen. Daher soll nachgebessert werden. Im wesentlichen sollen die Fristen neu justiert werden: Regulär soll im B2B & G2B Bereich innerhalb von 30 Tagen gezahlt werden, bei reinen B2B Geschäften darf die Zahlungsfrist maximal 60 Tage betragen und bei Langsamdrehern und saisonalen Waren sogar 120 Tage. Es sind keine Ausnahmen bei diesen Zahlungsfristen vorgesehen.

Die Idee ist also klar

Die Idee ist, dass Lieferanten pünktlich ihr Geld bekommen. Dabei sollen schwächere Lieferpartner (KMU) geschützt werden. Dem Grunde nach soll also die Marktmacht starker Käufer und Auftraggeber beschnitten werden. In der Realität diktieren natürlich Unternehmen wie Amazon, OTTO oder auch Aldi/Lidl die Zahlungskonditionen innerhalb ihrer Lieferanten AGB oder Vereinbarungen bzw. Verträgen.

Volatile Meinungslage und Ablehnung

Der Handelsverband (HDE) vertritt die Fraktion der Gläubiger und ist entsprechend nicht glücklich über die starren Regeln. Die Kritik ist diese:

„Solch starre Zahlungsfristen werden der komplexen wirtschaftlichen Realität von Vertragsbeziehungen im Handel nicht gerecht“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Es werde versucht, allen Branchen im EU-Binnenmarkt eine einheitliche Bestimmung für Zahlungsfristen aufzuerlegen. Dafür seien die einzelnen Wirtschaftsbereiche jedoch zu verschieden. Der Handel etwa sei Dienstleister für Industrie und Verbraucher. „Zwischen dem Übergang des Eigentums vom Lieferanten auf den Händler und dem Verkauf an den Endverbraucher liegt dabei eine Zeitspanne, die mehrere Tage, Wochen oder Monate betragen kann“, so Genth weiter. In dieser Zeit müsse die Ware vom Handel zwischenfinanziert werden, insbesondere die Bereitstellung einer Angebotsvielfalt binde langfristig Kapital. „Starre Zahlungsfristen von etwa 60 Tagen würden hier erhebliche negative finanzielle Auswirkungen auf die Liquidität und die Kostenstruktur der Handelsunternehmen haben“, so Genth. Bisher funktionierende Vertragsbeziehungen mit längeren Fristen hätten diese Kapitalbindung berücksichtigt, wären in Zukunft aber nicht mehr möglich. „Aufgrund der äußerst geringen Gewinnspannen und teilweise geringer Eigenkapitalquoten können gerade viele kleine und mittlere Handelsunternehmen diese Kosten aber nicht zu vergleichbaren Konditionen am Kapitalmarkt refinanzieren“, so Genth weiter.

Der DIHK findet die grundlegende Idee der Zahlungsverzugsverordnung gut, ist aber skeptisch, dass der gewünschte Effekt eintritt. Einige Juristen bemängeln den Verlust von Vertragsfreiheit zwischen den Handelspartnern.

Einordnung Zahlungsverzugsverordnung: Wie schaut es in der Realität denn bald aus?

Es müssen mehrere Szenarien betrachtet werden. Die Lieferanten bzw. Industrie freut sich über schnelleres Geld. Das bedeutet sie müssen weniger Zinsen zur Finanzierung ihrer Forderungen bezahlen. Ware könnte also um die Zinsersparnis günstiger werden.

Händler haben nun die Aufgabe mehr Cash zu besorgen um ihre Rechnungen innerhalb der gesetzlichen Frist zu bezahlen. Das entzieht dem Handel Liquidität. Die muss ersatzbeschafft werden. Hier fallen also dann Zinsen an. Diese können über die günstigeren Einkaufspreise (Zinsersparnis) gegenfinanziert werden. Unter dem Strich hat sich also nur der Ort wo zukünftig Verbindlichkeiten bzw. Forderungen finanziert werden geändert.

Ob sich dieser Effekt in der Praxis darstellen wird bleibt abzuwarten, denn maßgeblich werden hier die (Macht-) Gefälle zwischen Lieferant und Kunde sein.

Für kleine KMU (B2C) Händler dürfte diese Verordnung allerdings nicht gut sein. Oft haben sie die eigenen (größeren) Lieferanten zur Finanzierung genutzt. Sie müssen nun innerhalb der starren Frist die Rechnung begleichen. Der Warenfinanzierer wird sich freuen. Viel Neugeschäft.

Achtung: Wettbewerbszentrale mahnt Influencer ab

Wer Werbung nicht deutlich kennzeichnet verhält sich wettbewerblich unlauter und unfair. Verbraucher werden in die Irre geführt. Das ahndet die Wettbewerbszentrale in einigen Abmahnungen und eröffnet damit einer neue Spielwiese für die Abmahnindustrie.

Das ist passiert

In Social Media wie Instagram, Tiktok, YouTube & Co. warben verschiedene Influencer/ -innen für Produkte von Werbepartnern, ohne dass die entsprechenden Posts, Reels, Stories o.ä. als Werbung gekennzeichnet waren. Nach einer seit 2022 geltenden Regelung müssen Influencerinnen und Influencer jedoch ihre Produktempfehlungen in Social Media als Werbung kenntlich machen, wenn sie dafür ein Entgelt oder wirtschaftliche Vorteile erhalten.

Der Rennfahrer

So warb beispielsweise ein international bekannter Rennfahrer auf Instagram für Luxusuhren und -Gepäckstücke und kennzeichnete die entsprechenden Posts nicht als Werbung. Die Wettbewerbszentrale verlangte Unterlassung dieser Praxis und nahm zwei europäische Unternehmen in Anspruch, die mit ihm als Testimonial warben: Diese Unternehmen sind nach Auffassung der Wettbewerbszentrale für die fehlende Kennzeichnung durch ihre Werbepartner mit verantwortlich, da sie, wie in üblichen Influencer-Verträgen, ihrem Werbepartner die Kennzeichnung vorgeben können und müssen. Auf die Beanstandungen hin nahm der Sportler in beiden Fällen erstmals eine Kennzeichnung vor: Er fügte nach der so genannten Caption (Überschrift) die drei Zeichen „#ad“ ein. Die Wettbewerbszentrale hält diese Kennzeichnung weiterhin nicht für ausreichend und hat daher eine weitere Abmahnung ausgesprochen.

Die Musikerin

Eine in Deutschland bekannte Musikerin zeigte in einem anderen Fall in einem professionell gedrehten „Behind the Scenes“-Reel (Kurzvideo) auf Instagram, wie sie für die Produktion eines Videoclips geschminkt wird. Dabei rückte die Kamera ausschließlich und prominent Kosmetikprodukte ihres Werbepartners ins Licht, ohne dass das Video als Werbung gekennzeichnet war. Die Musikerin gab auf die Beanstandung durch die Wettbewerbszentrale eine Unterlassungserklärung ab. Eine Umsetzung der Werbekennzeichnung erfolgte jedoch nicht, sodass es der Anforderung einer Vertragsstrafe bedurfte.

Unterlassungsklage

In zwei weiteren Fällen bewarben reichweitenstarke Influencer auf Instagram und Facebook ohne Werbekennzeichnung verschiedene Nahrungsmittel wie ein Getränkepulver, Schokoriegel beziehungsweise einen Getränkesirup. Diese Produkte werden von Unternehmen vertrieben, die die Influencer selbst leiten bzw. mit denen sie kooperieren. In einem der Fälle gab der Influencer eine Unterlassungserklärung ab. Er setzte jedoch weiterhin keine ausreichende Werbekennzeichnung um, sodass die Wettbewerbszentrale eine Vertragsstrafe angefordert hat. In dem anderen Fall blieb eine Reaktion aus und die Wettbewerbszentrale reichte vor dem LG Berlin Unterlassungsklage ein. […]

(Quelle: Pressemitteilung)

Was ist hier wichtig?

Das Influencer wegen dieser Verstöße abmahnbar sind sollte bekannt sind. Das aber hier die >Auftraggeber< mit angesprochen worden sind ist wichtig. Denn wenn ihr einen Influencer beauftragt, dann solltet ihr tunlichst darauf achten, dass seine Posts auch als Werbung gekennzeichnet sind. Ansonsten könnt ihr gechillt von eurer Konkurrenz, der wettbewerbszentrale oder anderen Abmahnvereinen abgemahnt werden.

IDO Verband gewinnt vor dem BGH

Der Abmahnverband IDO Verband e.V. hat vor dem BGH einen Sieg errungen. Und zwar ging es um die Frage ob der Verband ohne Klagebefugnis Ordnungsmittelanträge stellen darf. Die Vorinstanzen fanden, dass das nicht mehr funktioniere. Der BGH urteilt anders (Az.: I ZB 42/23). Nun muss die Vorinstanz, also das OLG Hamm neu entscheiden.

Keine Unterlassungserklärung = Unterwerfung ggü. dem Gericht

Wer nach einer Abmahnung keine Unterlassungserklärung abgeben möchte, der wird in der Regel vom gegner verklagt oder erhält eine Einstweilige Verfügung derer er sich mit einer Abschlußerklärung unterwirft.

Verstößt der Abgemahnte danach gegen seine Abschlußerklärung oder gegen das Urteil/Beschluss, dann kann der Abmahner ein Ordnungsmittelverfahren anstreben und Ordnungsgeld beantragen. Auch noch Jahre später.

Jetzt hat sich aber durch das Anti-Abmahn-Gesetz einiges geändert und nicht jeder darf mehr abmahnen. Der IDO Verband hat keine Klagebefugnis mehr. Die Frage war nun, ob er denn aus Alturteilen noch Ordnungsmittel beantragen kann. Alle Gerichte bis zum BGH sagten nein. Der BGH entschied anders und stimmte der Auffassung vom IDO Verband zu.

Das hat aber nichts mit Unterlassungserklärungen zu tun

Wer gegenüber dem Abmahnverband, wie dem IDO Verband  eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, hat weiterhin Unklarheit. Denn dieses Urteil ist darauf nicht anzuwenden. Es steht aber zu befürchten, dass hier das oberste Gericht ähnlich urteilen wird, wenn ihm ein solcher Fall vorliegt.

Wie könnt ihr euch wehren?

Ohne Anwalt geht nichts. Im Grunde solltet ihr versuchen solche unangenehmen Unterlassungserklärungen oder Unterwerfungen loszuwerden. Befragt euren Anwalt was euch der Spaß kostet und wie eure Erfolgschancen sind. Unterlassungserklärungen lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen aufkündigen.

“Nach den Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Dezember 2020 dürfen ausschließlich Verbände abmahnen, die ab dem 01. Dezember 2021 auf der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände stehen. Der IDO Verband hat es nicht auf diese Liste geschafft, sodass ihm nun die Aktivlegitimation für künftige Abmahnungen fehlt. Dieser Umstand wirkt sich auch auf bereits abgegebene Unterlassungserklärungen aus, denn diese können nun gegebenenfalls gekündigt werden.”, so Dr. Carsten Föhlisch von Trusted Shops.

Bitte bedenkt, dass Unterlassungserklärungen gegen die ihr verstoßt schnell in recht teuren Vertragsstrafen enden können. Aus eigner Erfahrung kann der Autor berichten, dass Vertragsstrafen mitunter das Aus für Händler bedeuten.

Und Abmahner haben ein Interesse diese einzufordern, denn sie landen direkt in deren Taschen! Das ist dann auch der Unterschied zu Ordnungsgeldern. Diese bekommt der Staat. Abmahner haben daher weniger Interesse solche Verfahren zu führen.

BMF: Keine doppelte USt. mehr bei Falschberechnung

So war es bisher: Wenn ihr aus Versehen den falschen Umsatzsteuersatz bei Lieferungen ins europäische Ausland berechnet habt, dann musstet ihr die Umsatzsteuer doppelt zahlen. In Deutschland und noch einmal im jeweiligen Lieferland. Das hat sich nun geändert berichtet Dr. Roger Gothmann von Taxdoo in einem Blogeintrag.

Relevanz in der Praxis?

In der täglichen Praxis war die Anwendung der doppelten Besteuerung bzw. des nun korrigierten Fehlers im §14c nicht so wichtig. Erst, wenn es zu einer Betriebsprüfung bei euch kam konnte es zu unangenehmen Nachforderungen kommen.

(Quelle: Taxdoo)

“[…] denn bei Leistungen an Endverbraucher vermochten viele Umsatzsteuer-Experten – inkl. mir – nicht festzustellen, wo hier ein Gefährdungstatbestand vorliegen könnte? Wie sollte ein Endverbraucher (unberechtigt) Vorsteuer geltend machen?”, so Dr. Roger Gothmann.

Keine doppelte Umsatzsteuer mehr

Das BMF gab nun nach und äußerte sich verbindlich zur Nachbelastung der USt.: “Wenn ein Unternehmer eine Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat, entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. (…). Der Wortlaut des UStG ist insoweit unionsrechtskonform einschränkend auszulegen. Das BFH-Urteil V R 4/18 ist durch das EuGH-Urteil C-378/21 überholt (…).” Damit ist nun wichtiges Risiko bei Betriebsprüfungen endlich ausgeschaltet worden.

Der nächste Zug mancher Prüfer mag es sein die Endverbrauchereigenschaft eurer Kunden anzuzweifeln. Das dürfte nicht gelingen, denn das ist bereits klar und Unternehmer freundlich geregelt: “Art. 18 Abs. 2 MwStVO: Sofern dem Dienstleistungserbringer keine gegenteiligen Informationen vorliegen, kann er davon ausgehen, dass ein in der Gemeinschaft ansässiger Dienstleistungsempfänger den Status eines Nichtsteuerpflichtigen (= Endverbraucher) hat, wenn er nachweist, dass Letzterer ihm seine individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer nicht mitgeteilt hat.”

Endlich & erschreckend

Jedem Mensch mit etwas Sachverstand hätte klar sein müssen, dass diese doppelte Erhebung der USt. Unfug ist. Aber nicht den Finanzbeamten. Gut, dass dieses Damokles-Schwert nun nicht mehr über den Betriebsprüfungen schwebt!

Urteil: Angestellte dürfen ChatGPT nutzen

In Norddeutschland beschäftigte sich ein Arbeitsgericht damit, ob die Nutzung von ChatGPT ohne Genehmigung des Betriebsrats gestattet ist. Das Arbeitsgericht Hamburg (Beschl. vom 16.01.2024 | Az. 24 BVGa 1/24) bejahte die Nutzung der KI Lösung ohne Beteiligung des Betriebsrats.

Keine Einführung durch Unternehmen, aber Nutzungserlaubnis erteilt

Bisher waren in dem Unternehmen die Webseiten zu ChatGPT gesperrt. Das änderte sich und seitens des Arbeitgebers wurde die Nutzung von KI Tools durch die Mitarbeitenden mit eigenen >privaten< Accounts gestattet. Die Nutzung bezog sich dabei im wesentlichen auf die Bedienung der Software über einen Browser und nicht durch lokale Installationen.

Soweit so gut und smart von der Unternehmensleitung. Wäre da nur nicht der Betriebsrat gewesen, der das alles gar nicht so toll fand.

Betriebsrat geht gegen Entscheidung vor und verlangt Untersagung.

Der Betriebsrat sah sich nicht an der Entscheidung beteiligt die Nutzung von ChatGPT & Co zu gestatten und verlangte im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes eine Untersagung.

Der BR sah Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Und zwar handele es sich bei der Regelung zur Nutzung von ChatGPT um einen Eingriff um die Regelung zur Ordnung im Betrieb. Und der Betriebsrat brachte vor, dass die KI Software eine technische Einrichtung sei mit der sich Mitarbeitende überwachen lassen. Darüber hätten Vereinbarungen getroffen werden müssen.

Keinen Erfolg vor Gericht

Die Richter sahen das anders und der Betriebsrat unterlag.  Das Gericht argumentierte, dass die Vorgaben zur Nutzung dem mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten unterliegen. Des weiteren, dass die Nutzung der Software über den Browser passiere und es da bereits eine Vereinbarung zu gäbe. Weiterhin habe der Arbeitgeber keinen Zugriff auf eventuell in die KI-Tools eingegebenen Daten. Denn diese würden nur zum Tool-Anbieter aber nicht zum Arbeitgeber übermittelt.

Was zeigt das Urteil

Juristische Herausforderungen sind vor allem Einzelfall-Entscheidungen und es kann wenig über einen Kamm geschoren werden. Auch scheint es so zu sein, dass unsere Gesetze ausreichen um solche >neuen< Fälle zu entscheiden. Eine Gesetztes Änderung scheint nicht von Nöten zu sein.

Achtung: Neue Batterieverordnung gilt ab 18.2.2024

Die neue Batterieverordnung , welche jetzt am 18.02.2024 in Kraft tritt wird viele Händler treffen. Besonders Amazon-Seller betrifft die Verordnung, da Amazon selbst über die in die neue Regelung eingebaute Plattformhaftung eigene Bedingungen formulieren wird.

Zielsetzung der BattVO (Batterieverordnung)

Die neue Batterieverordnung (EU) 2023/1542 (BattVO) ersetzt die Batterierichtlinie 2006/66/EG und tritt neben das deutsche Batteriegesetz. Die neuen Vorschriften werden ab dem 18. Februar 2024 gelten, wobei viele der Regelungen erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt werden müssen.. Als Teil des europäischen Green Deals zielt die BattVO darauf ab, einen harmonisierten Rechtsrahmen für den gesamten Lebenszyklus von Batterien zu etablieren. Die Verordnung dient dazu, die Kreislaufwirtschaft, Ressourcennutzung und -effizienz sowie den Lebenszyklus von Batterien hinsichtlich Nachhaltigkeits- und Umweltschutzaspekten zu verbessern.

Für wen gelten die Vorschriften?

Die Regelungen der BattVO gelten für Wirtschaftsakteure, die Batterien in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen.

Die BattVO enthält in Art. 3 einen Definitionskatalog, der neben den Wirtschaftsakteuren auch die beiden Handlungsformen wie folgt definiert:

Wirtschaftsakteur“ [bezeichnet] den Erzeuger, Bevollmächtigten, Einführer, Händler oder Fulfilment-Dienstleister bzw. eine andere natürliche oder juristische Person, der bzw. die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Erzeugung von Batterien, deren Vorbereitung zur Wiederverwendung, Vorbereitung zur Umnutzung, Umnutzung oder Wiederaufarbeitung, deren Bereitstellung auf dem Markt oder Inverkehrbringen — auch online — oder die Inbetriebnahme von Batterien gemäß dieser Verordnung unterliegt. (Art. 3 Abs. 1 Nr. 22 BattVO).

Inverkehrbringen“ [bezeichnet] die erstmalige Bereitstellung einer Batterie auf dem Unionsmarkt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 16)

Inbetriebnahme“ [bezeichnet] die erstmalige Nutzung einer Batterie, die nicht zuvor in Verkehr gebracht wurde, in der Union für den beabsichtigten Zweck (Art. 3 Abs. 1 Nr. 18)

Adressaten der Verordnung sind demnach alle Akteure, die von Herstellung bis Verkauf involviert sind:

  • Erzeuger*innen
  • Einführer*innen
  • Hersteller*innen
  • Händler*innen
  • Bevollmächtigte Personen
  • Fulfilment-Dienstleister*innen

Welche Produkte werden erfasst?

Die BattVO erfasst sämtliche (auch in Geräte verbaute) Batterien und unterscheidet dabei in die Kategorien:

  • Gerätebatterien
  • Starterbatterien
  • Industriebatterien
  • Batterien für leichte Verkehrsmittel (LV-Batterien) (z.B. für E-Bikes und Scooter)
  • Elektrofahrzeugbatterien

Relevante Inhalte der BattVO

Marktzulassungsvoraussetzungen der Batterieverordnung

Art. 5 BattVO enthält grundsätzliche Anforderungen für eine Bereitstellung und Inbetriebnahme von Batterien. Dazu gehört, dass Batterien nur dann auf dem Markt bereitgestellt oder in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie die geltenden Nachhaltigkeits- und Sicherheitsanforderungen sowie Kennzeichnungs- und Informationsanforderungen erfüllen. Die Batterien dürfen keine Risiken für die menschliche Gesundheit und Sicherheit sowie für Sachgüter oder Umwelt bergen.

Nachhaltigkeits- und Sicherheitsanforderungen

Die Verordnung legt verschiedene Nachhaltigkeits- und Sicherheitsanforderungen fest, die sich u.a. auf Beschränkungen für Stoffe, Erklärungen zum CO2-Fußabdruck und die Pflicht zur Einhaltung bestimmter CO2-Höchstwerte sowie Mindestwerte für den Recyclinganteil bestimmter enthaltener Materialien beziehen (Art. 6–8 BattVO). Die BattVO enthält zudem Anforderungen an die Leistung und Haltbarkeit von Batterien (Art. 9, 10 BattVO).

Leichte Austauschbarkeit von Batterien

Ab Februar 2027 müssen eingebaute Geräte-Batterien sowie LV-Batterien von Endnutzer*innen während der Lebensdauer der Produkte leicht entfernt und ausgetauscht werden können. Diese Vorgabe bezieht sich allerdings nicht auf einzelne Zellen oder sonstige Teile einer Batterie, sondern nur auf die Batterie in ihrer Gesamtheit (Art. 11 BattVO).

Die Verordnung definiert die leichte Entfernbar- und Austauschbarkeit wie folgt:

Als vom Endnutzer leicht zu entfernen gilt eine Gerätebatterie, wenn sie mit handelsüblichen Werkzeugen aus einem Produkt entnommen werden kann, das heißt ohne Verwendung von Spezialwerkzeugen, es sei denn, sie werden kostenlos mit dem Produkt bereitgestellt, herstellerspezifischen Werkzeugen, Wärmeenergie oder Lösungsmitteln für die Demontage des Produkts. (Art. 11 Abs. 1 BattVO)

Als leicht auszutauschen gilt eine Gerätebatterie oder eine LV-Batterie […], wenn sie nach dem Entfernen aus dem Gerät oder dem leichten Verkehrsmittel durch eine andere kompatible Batterie ersetzt werden kann, ohne dass das Funktionieren, die Leistung oder die Sicherheit des Geräts oder des leichten Verkehrsmittels dadurch beeinträchtigt wird. (Art. 11 Abs. 6 BattVO)

Diejenigen, die Produkte mit eingebauten Gerätebatterien in Verkehr bringen, haben außerdem dafür Sorge zu tragen, dass den Produkten eine Betriebsanleitung und Sicherheitsinformationen für die Verwendung, das Entfernen und das Austauschen der Batterien beiliegen und diese den Endnutzer*innen auf einer öffentlichen Website dauerhaft und in leicht verständlicher Form bereitgestellt werden.

Bei bestimmten Produkten wird es, sofern es im Interesse der Sicherheit der Nutzer*innen und Geräte erforderlich ist, bereits ausreichend sein, dass der Austausch nur von unabhängigen Fachleuten vorgenommen werden kann. So bspw. bei abwaschbaren und abspülbaren Geräten sowie professionellen medizinischen Bildgebungs- und Strahlentherapiegeräten (Art. 11 Abs. 2 BattVO).

Allgemeine Kennzeichnungs- und Informationspflichten

Die neue BattVO enthält in Art. 13 BattVO i.V.m. Anhang VI der BattVO die Pflicht zur Angabe der folgenden Informationen ab 18.8.2026:

  • Angaben zur Identifikation des Erzeugers;
  • Batteriekategorie und Angaben zur Identifikation der Batterie;
  • Ort und Datum der Erzeugung;
  • Gewicht;
  • Kapazität;
  • chemische Zusammensetzung;
  • in der Batterie enthaltene gefährliche Stoffe außer Quecksilber, Cadmium oder Blei;
  • zu verwendendes Feuerlöschmittel;
  • kritische Rohstoffe, die in der Batterie in einer Massenkonzentration von mehr als 0,1 % Massenanteil vorkommen.

Ab 18. August 2025 sind Batterien außerdem mit dem Symbol für die getrennte Sammlung von Batterien zu kennzeichnen. Ab dem 18. Februar 2027 ist ein zusätzlicher QR-Code mit einschlägigen Informationen zu den Batterien vorzusehen.

Die Kennzeichnungen und der QR-Code sind sichtbar, lesbar und dauerhaft auf der Batterie anzubringen. Sollte die Art und Größe der Batterie dem entgegenstehen, sind die Kennzeichnungen und der QR-Code auf der Verpackung und den Begleitunterlagen der Batterie vorzuhalten (Art. 13 Abs. 7, 20 Abs. 1 BattVO).

Pflichten für Onlinehändler*innen

Für die verschiedenen Arten der Wirtschaftsakteure enthält Kapitel VI weitere Verpflichtungen.

Überwachungspflicht

Speziell für Händler*innen geltende Pflichten enthält zunächst der ab 18.8.2024 geltende Art. 42 BattVO. Danach müssen Händler*innen die Anforderungen der BattVO mit der gebührenden Sorgfalt berücksichtigen. Bevor sie eine Batterie auf dem Markt bereitstellen, müssen sie sich daher vergewissern, dass

  • Hersteller*innen im Herstellerregister eingetragen sind,
  • die Batterie eine CE-Kennzeichnung trägt und auch sonst hinreichend gekennzeichnet ist,
  • der Batterie die erforderlichen Unterlagen, eine Betriebsanleitung und Sicherheitsinfor-mationen beigefügt sind und
  • Erzeuger*innen und Einführer*innen die für sie geltenden Anforderungen erfüllt haben. Dazu zählen u.a. die Angabe einer Modellkennung, Chargen-, Serien- oder Produktnummer sowie die Nennung der Namen der Erzeuger*innen/Einführer*innen oder eingetragene Handelsnamen/Handelsmarken, ihre Postanschrift, ggf. Internetadresse und E-Mail-Adresse.

Händler*innen haben zugleich Überwachungs- und Meldepflichten. Sofern sie Grund zur Annahme haben, dass eine Batterie nicht den Anforderungen der BattVO entspricht, dürfen sie diese nicht auf dem Markt bereitstellen. Wenn mit der Batterie ein Risiko verbunden ist, müssen die Erzeuger*innen/Einführer*innen sowie die Marktüberwachungsbehörden benachrichtigt werden. Falls die Ware bereits auf dem Markt ist, hat ggf. ein Verkaufsstopp bzw. Rückruf der Batterien zu erfolgen, Art. 42 Abs. 5 BattVO.

Neben den ausdrücklich für Händler*innen vorgesehenen Pflichten können unter Umständen auch die für Erzeuger geltenden Pflichten zu erfüllen sein. Für Händler*innen, die Batterien unter eigenem Namen in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, Veränderungen an bereits in Verkehr gebrachten Batterien vornehmen oder den Verwendungszweck solcher Batterien verändern, gelten gem. Art. 44 BattVO auch die an Erzeuger*innen adressierten Regelungen des Art. 38 BattVO.

Rücknahmepflicht

Eine weitere sich speziell an Händler*innen richtende Verpflichtung stellt die Rücknahmepflicht aus Art. 62 BattVO dar. Danach haben Händler*innen Altbatterien unabhängig ihrer chemischen Zusammensetzung, Marke und Herkunft von Endnutzer*innen unentgeltlich zurückzunehmen. Ausnahmen von der Rücknahmepflicht bestehen für Abfallprodukte, die Batterien enthalten. Die Verpflichtung ist außerdem auf die Kategorien von Altbatterien, die von den Händler*innen als Batterien angeboten werden/wurden und bei Gerätealtbatterien auf die Menge, die nicht gewerbliche Endnutzer*innen normalerweise entsorgen, beschränkt (Art. 62 Abs. 2 BattVO).

Die genannten Rücknahmepflichten gelten auch für Online-Händler*innen. Sofern bei Verkäufen eine Zustellung an Endnutzer*innen erfolgt, ist diesen anzubieten, Altbatterien am Zustellungsort oder an einer lokalen Sammelstelle unentgeltlich zurückzunehmen. Endnutzer*innen sind bereits bei der Bestellung der Batterie über die Rücknahmemodalitäten der Altbatterie zu informieren.

Informationspflicht

Eine weitere ab dem 18.8.2025 geltende Informationspflicht ergibt sich aus Art. 74 Abs. 4 BattVO. Danach müssen Händler*innen, die Batterien für Endnutzer*innen bereitstellen in ihren Verkaufsräumen und sofern sie ihre Produkte über Online-Plattformen verkaufen, auch online, dauerhaft und in leicht zugänglicher und deutlich sichtbarer Weise Informationen zu den nachfolgenden Themen bereitstellen:

  • Rolle der Endnutzer*innen im Hinblick auf den Beitrag zur Abfallvermeidung sowie die Pflicht der getrennten Sammlung von Altbatterien
  • Empfehlungen für die Nutzung von Batterien, die auf eine Verlängerung ihrer Nutzungsphase abzielen
  • Möglichkeiten der Wiederverwendung, Umnutzung und Wiederaufarbeitung
  • getrennte Sammlung, Rücknahme- und Sammelstellen und die Vorbereitung zur Wiederverwendung/Umnutzung und Behandlung, die für Altbatterien zur Verfügung stehen
  • erforderliche Sicherheitsanweisungen für die Handhabung von Altbatterien
  • Bedeutung der Kennzeichnungen und Symbole auf Batterien
  • Auswirkungen der in Batterien enthaltenen (gefährlichen) Stoffe auf die Umwelt und Gesundheit oder die Sicherheit von Personen (infolge unangemessener Entsorgung)
  • Informationen, wie Endnutzer*innen Altbatterien unentgeltlich bei den in den Verkaufsstellen oder für die Online-Plattformen eingerichteten Sammelstellen zurückgeben können.

Sorgfaltspflichten der Batterieverordnung

Die BattVO sieht für bestimmte Wirtschaftsakteure Sorgfaltspflichten vor, die sich u.a. auf die Herkunft von Rohstoffen sowie die Kontrolle und Transparenz der Lieferketten beziehen. Die Vorschriften dazu gelten jedoch nicht für solche Wirtschaftsakteure, die einen Nettoumsatz von 40 Mio. EUR unterschreiten und/oder die zur Wiederverwendung oder zur Umnutzung vorbereitete oder umgenutzte oder wiederaufgearbeitete Batterien in Verkehr bringen/in Betrieb nehmen, wenn die Batterien bereits vor diesen Vorgängen in Verkehr bzw. in Betrieb waren (Art. 47 BattVO).

Sanktionen

Konkrete Sanktionen sieht die BattVO nicht vor. Gemäß Art. 93 BattVO liegt es in der Verantwortung der Mitgliedstaaten bis zum 18. August 2025 Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen die BattVO zu verhängen sind, zu erlassen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen dabei wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Fazit

Die neue Batterieverordnung bringt eine ganze Reihe neuer Regelungen mit sich. Die zeitliche Staffelung der Verpflichtungen ermöglicht zwar ein schrittweises Vorgehen bei der Umsetzung der Vorschriften und Anforderungen in Ihrem Unternehmen, führt aber auch zu größerer Unübersichtlichkeit. Um sich im Fristendschungel zurechtzufinden und einen klaren Überblick über die einzuhaltenden Vorschriften zu bewahren, empfiehlt es sich, frühzeitig eine Roadmap für die zukünftigen Umsetzungsschritte zu erstellen und sich fortlaufend mit der Thematik zu beschäftigen.

Hinweis: Einleitung von Markt Steier. Restlicher Text zur Batterieverordnung ist von Dr. Carsten Föhlisch, TrustedShops, der diesen Beitrag zuerst hier veröffentlichte.

Produktfälschung: 23 Tonnen Ariel Waschmittel beschlagnahmt

Das Zollamt in Köln-Porz-Wahn beschlagnahmte kürzlich über 23 Tonnen gefälschtes Ariel Waschmittel. Die Beamten beauftragten die Vernichtung der Ware im Wert von über 100.000 Euro. Das Waschpulver stammt aus der Türkei. Der Warenempfänger, ein Händler aus Mülheim an der Ruhr darf sich nun auf ein sehr teures Verfahren freuen.

P&G der Markeninhaber von Ariel beauftrage die Vernichtung der gefälschten Ware

Die Verwertungsstelle des Zollamts Aachen wurde mit der Vernichtung der Ware beauftragt. Das war gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Zuerst musste die Umverpackung von der Ware getrennt werden. Danach war das Waschpulver mit anderem Müll zu vermischen und zu verbrennen.

“Wenn Händler Post zum Zoll bekommen und ihnen mitgeteilt wird, dass sie gefälschte Ware einführen, dann empfiehlt Rechtsanwalt Malte Mörger aus Köln sofort gegenüber dem Markeninhaber unaufgefordert eine Unterlassungserklärung abzugeben. Das spart die Abmahnkosten des Markeninhabers.”

Der gesamte bei einer Entsorgungsfirma durchgeführte Vernichtungsprozess wurde durch den Zoll überwacht. Die Kosten hierfür werden dem importierenden Händler zunächst auferlegt.

Riskante Szenarien für Seller

Wer als Händler bewusst gefälschte Ware einkauft oder bei Hinweisen seinem Verdacht nicht nachgeht handelt kriminell, mindestens aber sehr fahrlässig.  Eine ordentliche Bestrafung gehört sich.

“Zum einen können die Händler natürlich einen Bonitätscheck machen und sich überlegen, nur von Händlern aus Ländern zu kaufen, wo sie im Zweifel auch vor Gericht gehen würden. Zum anderen können sie die Händler bitten, ihnen schriftlich zu versichern, dass die Ware Originalware ist und auch für die EU bestimmt ist. Dann könnten sie nämlich den eventuellen Schaden an die Händler weitergeben, wenn dies dann nicht stimmen sollte. Selbst wenn die Ware nämlich Originalware ist, kann es zu einem Problem kommen, da die Markenrechte nicht erschöpft sind, wenn die Ware nicht für die EU bestimmt war.” , sagt Patentanwalt Dr. Rolf Claessen aus Düsseldorf.

Aber was ist, wenn trotz aller Sorgfalt auf einmal Fälschungen ins Lager kommen? Oder noch schlimmer, was ist, wenn die Ware gefälscht ist und vom Zoll aufgehalten wird?

Wie können sich Händler vor Fälschungen schützen?

Auch dem Autor sind in seiner aktiven Händlerzeit Produktfälschungen an sein Lager geliefert worden ohne, dass diese jemals bestellt worden waren. Und das kann jedem von euch passieren. Was bedeutet das dann für euch?

  • Abmahnkosten meistens im 5-stelligen Bereich
  • Strafverfahren durch den Zoll
  • Vernichtungskosten im 4-stelligem Bereich
  • Schadenersatzkosten gegenüber dem Markeninhaber

In der Summe landet ihr dann gerne bei einem Kostenberg, der eure Existenz sehr gefährden kann. Beachtet bitte folgende Tipps um euch vor den Folgen zu schützen:

  • Einfuhr von Markenware außerhalb des EWR ist immer eine Markenfälschung, sofern diese nicht ausdrücklich vom Markeninhaber lizensiert worden ist.
  • Achtet bei Bestellungen von Markenware, die ihr nicht beim Markeninhaber bezieht darauf, dass er innerhalb der EU ansässig ist.
  • Lasst euch schriftlich versichern, dass die bestellte Ware für den EWR verkehrsfähig ist.
  • Prüft euren Lieferanten auf Bonität, so dass ihr ihn im Zweifel in Anspruch nehmen könnt
  • Wenn ihr Post vom Zoll bekommt, dann gebt unaufgefordert beim Markeninhaber eine Unterlassungserklärung ab. Das spart euch zig tausende an Abmahnkosten!

Vor allem legt euch aber ein paar Euro für solche Rechtstreitigkeiten auf die solche Kante.

Urteil: Aufgepasst bei den Cookie-Bannern

Schnell könnt ihr Ärger bekommen, wenn ihr keine oder falsche Cookie-Banner einsetzt. Ihr könnt abgemahnt werden oder der Landesdatenschutzbeauftragte ärgert euch. wetteronline.de hat es nun erwischt. Die Verbraucherzentrale hat den Betreiber abgemahnt und auch in der 2. Instanz vor dem OLG Köln gewonnen (6 U 80/23).

Viele Verbraucher empfinden die Cookie- Banner Einblendung als störend

43% der befragten Internetnutzer empfinden diese Banner als nervend, berichtet eine bitkom-Studie aus dem Jahr 2020. Tatsächlich gibt es sogar Browser Plug-ins, welche die Einblendung solcher Banner unterbinden. Auch der Autor empfindet solche Banner als störend. Trotzdem sind alle Webseitenbetreiber dazu verpflichtet sie einzublenden. Grundlage ist die DSGVO und die ePrivacy-Verordnung.

Cookie-Banner Urteil des OLG Köln gegen wetteronline.de

Für das Setzen von Werbe- und Marketing-Cookies ist die Einwilligung des Nutzers erforderlich. Das haben sowohl der EuGH als auch der BGH bereits entschieden. Das OLG Köln (Urt. v. 19.1.2024 – 6 U 80/23) entschied nun, dass neben der Einwilligungsmöglichkeit eine gleichwertige Ablehnenoption bestehen müsse. Ebenso sei es unzulässig, wenn Nutzer beim Schließen des Banners durch Anklicken eines „X“ eine Einwilligungserklärung abgeben, auch wenn dieses mit „Akzeptieren & Schließen“ beschriftet sei, schreibt Rechtsanwalt Dr. Carsten Föhlisch auf seinem  shopbetreiber-blog.de.

Was bedeutet das in der Praxis?

Achtet darauf, dass die Annehmoption gleichwertig zur Ablehnoption dargestellt wird. Und das Gericht untersagt. Manipulative Praktiken dürft ihr auch nicht verwenden. Ebenso führe das „X“ mit der Beschriftung „Akzeptieren & Schließen“ im konkreten Fall zur Unwirksamkeit der Einwilligung. Die Verknüpfung zwischen „X“-Symbol, das Nutzern als Möglichkeit zum Schließen bekannt ist, und der Einwilligung sei irreführend und intransparent.

Zusammenfassung: Nutzt dieses Urteil einmal eure Cookie-Banner zu prüfen. Tatsächlich es es so, dass die meisten Banner nicht rechtskonform sind. Das besagen jedenfalls etliche Studien.

Product Compliance: Über 1 Mrd. € Schaden bei Händlern in 2023

Product Compliance: Im vergangenen Jahr sanktionierte die Bundesnetzagentur 73 Millionen Artikel, aufgeteilt auf über 8.100 Produkte. Bei einem sehr konservativ angenommenen Verkaufswert von 15 € entspricht das einem Schaden von über 1 Mrd. Euro, der bei den Händlern selbstverschuldet entstanden ist.

Produktkonformität: Product Compliance ist wichtiger denn je

Die Sanktionierungsmöglichkeiten der Behörden sind weitreichend. Sie beginnen bei der Aufforderung zur Mängelbeseitigung und reichen bis hin zur Beschlagnahme und/oder Vernichtung der Lagerbestände. Wer sich also als Händler auf das Spiel mit dem Feuer einlässt, braucht sich nicht zu wundern, wenn das am Ende die eigene Existenz kostet.

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Nicht wenigen Sellern sind aber die Risiken erst gar nicht bewusst, weil sie z. B. aufgrund fragwürdiger Empfehlungen durch Coaches Produkte aus Drittländern beziehen ohne diese auf Compliance-Anforderungen zu überprüfen. In den beiden Videos informieren wir euch über wichtige anstehende Veränderungen bei der Product Compliance.

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Product Compliance: Marktüberwachung, Bundesnetzagentur & Plattformen

Die Bundesnetzagentur sanktionierte 2023 im Online- und stationären Handel über 8.100 unterschiedliche Gerätetypen, was einer Gesamtstückzahl von mehr als 73 Millionen entspricht. Diese Produkte erfüllten nicht die gesetzlichen Anforderungen und wiesen zum Teil erhebliche Mängel auf.

Die Online-Marktüberwachung der Bundesnetzagentur hat im Jahr 2023 mehr als 2.400 auffällige Angebote identifiziert und von den Verkaufsplattformen löschen lassen. Das betraf eine Stückzahl von über 64 Millionen Geräten. Im Jahr 2022 waren es über 13 Millionen.

Die hohe Zahl ist auch Ergebnis der fortwährend hohen Anzahl an nicht konformen Produkten, insbesondere aus Drittstaaten. So konnte im Jahr 2023 eine Vielzahl an Produkten auf neuen Onlineplattformen ausfindig gemacht werden, die bereits in den Vorjahren bei etablierten Plattformen als auffällig identifiziert wurden. Beispielsweise wurden rund 260 Angebote von mangelbehafteten Stromsparboxen auf Onlinemarktplätzen gelöscht, bei denen die verfügbare Stückzahl 47 Millionen übersteigt.

Geräte mit formalen Mängeln wie z. B. fehlenden Angaben zum verantwortlichen Wirtschaftsakteur in der EU sowie fehlender CE-Kennzeichnung dürfen in Deutschland nicht angeboten werden.

Ein weiterer Fokus der Online-Marktüberwachung war die Überprüfung von Handsendern und Funkfernbedienungen. Dabei wurden rund 1 Mio. Angebote von Funksendern gelöscht, da sie in einem sicherheitsrelevanten militärischen Frequenzbereich arbeiten. (Quelle: Pressemitteilung der BNA)

Der Trend unzulässiger und risikobehafteter Produkte aus Drittstaaten setzt sich fort. In Zusammenarbeit mit Betreibern von Online-Plattformen gelang es uns 2023, den Verkauf von Millionen nicht konformer Produkte auf Online-Marktplätzen zu stoppen. So schützen wir Verbraucherinnen und Verbraucher vor unzulässigen Produkten, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

Nur 860k Artikel oder etwas über 1 % an der Grenze entdeckt

Die Anzahl direkt aus Drittländern an Verbraucher und Unternehmer abgefangenen Produkte ist im Verhältnis zu den im Inland sanktionierten Artikeln gering. Der Zoll stoppte nur etwas über 1 % aller sanktionierten Produkte.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass von den Sanktionen und dem damit einhergehenden Schaden im wesentlichen deutsche und europäische Händler betroffen waren.

Kommentar: Bitte unterschätzt nicht das Risiko

Die Kosten einer umfangreichen Konformitätsprüfung belaufen sich auf maximal 1.500 €. Dieser Betrag ist gering, wenn ihr den möglichen Schaden dagegen rechnet. Denn der bedeutet im schlimmsten anzunehmenden Fall Warenvernichtung und/oder Beschlagnahme. Das kann eure Existenz kosten und wird es wahrscheinlich auch.

Nahezu in allen Online-communities findet ihr Hilfe, wenn es um Fragen rund um die Product Compliance geht. Bitte fragt. Bitte prüft.

Google-Cache: Abmahner hassen diesen Trick

Bereits seit einiger Zeit ist es schwierig den Google-Cache von Seiten aufzurufen. Google hat nun auf X bestätigt, dass die Google-Cache-Funktion eingestellt werden wird. Das hat Konsequenzen für Abmahner und Abgemahnte. Ein Google-Vertreter deutet an, dass die Suchmaschine möglicherweise in Zukunft auf archive.org verlinken könnte.

Google-Cache vergessen = Vertragsstrafe

Wer als Abgemahnter vergessen hat, auch den Google-Cache zu leeren, hat nicht selten in die Röhre geschaut, wenn der Gegner auf einmal eine Vertragsstrafe fordert oder einen Ordnungsgeldantrag plus neuer Abmahnung erwirkt. Es ist hinreichend ausgeurteilt, dass zur Erfüllung der Unterlassungsvereinbarung auch der Google-Speicher mit zu beachten (löschen) ist. Das wurde oft vergessen und schon wurde es sehr sehr teuer.

Laut Google soll nun diese Funktion, also das Aufrufen von älteren Seitenversionen, eingestellt werden.

Das war die Grundidee, warum es Googles Cache gab

Es gab einmal Zeiten, in denen das Internet sehr langsam war. Seiten ließen sich mitunter nicht aufrufen. Damit trotzdem Nutzer Internetseiten betrachten konnten, speicherte Google ein Abbild der Seiten im Google-Cache. Diese Zeiten sind vorbei. Es gibt CDNs und die Aufrufbarkeit von Angeboten hat sich weltweit verbessert. Zeit also, den Cache abzuschalten, er ist überflüssig geworden, und eine Menge Speicherplatz freizugeben. Das ist die Story.

Aber aufgepasst, es gibt da noch archive.org

Abgesehen davon, dass Google vielleicht einen Link zu archive.org anstatt des Google-Cache setzen wird, ist unter Umständen auf archive.org eine alte Version eurer Seite gespeichert. Achtet also bitte auch darauf, dass ihr auch bei diesem Dienst eine Löschung alter Seiten beantragt.

Urteil OLG Frankfurt: Erweiterte Haftung & Prüfpflichten für Marktplätze

Das haben sich Amazon und Co. sicherlich nicht so gewünscht, aber die Richter des OLG Frankfurt urteilten recht deutlich und legten den Plattformen und Marktplätzen wie eBay eine strengere Prüfpflicht auf. Das kommt einer erweiterten Haftung gleich. In diesem Grundsatzverfahren war die Wettbewerbszentrale die Klägerin, welche sich Amazon zur Brust genommen hat. In dem Verfahren ging es um die unzulässigen Bezeichnungen Sojamilch, Hafermilch und Reismilch.

Wettbewerbszentrale veröffentlicht Pressemitteilung zum Urteil

In dem Grundsatzverfahren der Wettbewerbszentrale zur Frage der Reichweite der Haftung von Marktplatzbetreibern für Wettbewerbsverstöße von Drittanbietern hat jüngst das OLG Frankfurt am Main geurteilt (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2023, Az. 6 U 154/22 – nicht rechtskräftig). Es hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und die Berufung gegen das Urteil des LG Frankfurt am Main (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.09.2022, Az. 3-12 O 42/21) zurückgewiesen. Danach trifft Marktplatzbetreiber im Ergebnis eine Prüf- und Beseitigungspflicht auch bei Verstößen gegen formale Marktverhaltensregeln wie hier den EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte, wenn ihnen zuvor – im Wege des Notice & Take Down-Verfahrens – entsprechende andere konkrete Verstöße bekannt gemacht wurden. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Wettbewerbern ist das Problem hinlänglich bekannt: Betreiber von Online-Plattformen, auf denen Händler ihre Produkte verkaufen können, haften grundsätzlich nicht für Rechtsverstöße dieser Händler. Sie haben aber nach dem bekannten Notice & Take Down-Verfahren bei Hinweisen auf Rechtsverstöße entsprechende Angebote zu entfernen. Das nehmen die Plattformen nach Erfahrung der Wettbewerbszentrale auch durchaus ernst.

Ein wettbewerbsverzerrendes Ärgernis ist aber, dass oftmals gleiche oder ähnlich gelagerte Rechtsverletzungen nach kurzer Zeit erneut auf den Verkaufsplattformen auftauchen. Hier können sich die Plattformen nicht auf eine nur eingeschränkte Haftung zurückziehen: Nachdem sie auf konkrete Verstöße hingewiesen worden sind, haben sie nicht nur entsprechende rechtverletzende Produkte/Angebote zu entfernen, sondern sie müssen nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass sich derartige Verstöße nicht wiederholen (Notice & Stay Down).

Wie weit diese Pflicht reicht, ist bisher gerichtlich noch nicht abschließend geklärt. Amazon ist der Auffassung, dass diese Verpflichtung „nur in Ausnahmefällen bei ganz besonders schutzwürdigen Interessen (Jugendschutz/Produktsicherheit)“ besteht und nicht gleichartige Verstöße umfasst, die zum Zeitpunkt des Hinweises bereits vorlagen.

Vor diesem Hintergrund hatte die Wettbewerbszentrale einen Fall vor das Landgericht Frankfurt am Main gebracht: Nachdem die Wettbewerbszentrale die Amazon Services Europe S.à.r.l. (nachfolgend: Amazon) auf Rechtsverstöße gegen den absoluten EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte im üblichen Notice & Take Down-Verfahren hingewiesen hatte, waren die gemeldeten Angebote zunächst von Amazon entfernt worden. Anschließend wurden aber weiterhin vegane Milchersatzprodukte mit denselben unzulässigen Bezeichnungen („Sojamilch“, „Hafermilch“ und „Reismilch“) auf dem Marketplace angeboten. Diese weiteren Verstöße lagen auch zum Zeitpunkt des ersten Hinweises bereits vor. Die Wettbewerbszentrale sprach daraufhin eine Abmahnung direkt gegen Amazon aus. Nachdem Amazon sich weigerte, eine Unterlassungserklärung abzugeben, erhob die Wettbewerbszentrale Klage.

Das Landgericht hat Amazon antragsgemäß untersagt, Dritten zu ermöglichen, auf seiner Verkaufsplattform die Begriffe „Sojamilch“, „Hafermilch“ und „Reismilch“ für vegane Milchersatzprodukte zu verwenden.

Auch das Oberlandesgericht folgt in diesem Punkt der Auffassung der Wettbewerbszentrale. Es führt in seiner Entscheidung aus, dass Amazon seiner wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht nicht genügt habe. Das Oberlandesgericht bestätigt die Rechtsansicht, dass die Prüf- und Erfolgsabwendungspflicht des Marktplatzbetreibers nicht nur bei jugendgefährdenden, volksverhetzenden oder gewaltverherrlichenden Inhalten besteht, sondern auch bei Verstößen gegen formale Marktverhaltensregeln, wie hier dem EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte. Die vorgerichtlichen Hinweise der Wettbewerbszentrale hätten für Amazon eine Prüfungs- und Beseitigungspflicht ausgelöst, die über die bereits getroffenen Maßnahmen hinausgehe. Insoweit sei Amazon zuzumuten, Wörter wie „Sojamilch“, „Hafermilch“ und „Reismilch“ aus Angeboten Dritter herauszufiltern.

„Die Wettbewerbszentrale sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass Plattformbetreiber, die auf wettbewerbsrechtlich unzulässige Angebote von Drittanbietern hingewiesen worden sind, auch weitere Angebote auf gleichartige Verstöße prüfen und diese ggf. beseitigen müssen. Diese Pflicht kann zum Schutz des Wettbewerbs nicht auf Fälle besonders gravierender Rechtsgutverletzungen beschränkt werden. Eine ansonsten eintretende Hase-Igel-Konstellation wäre einem lauteren Wettbewerb abträglich.“, meint Alexander Strobel, zuständiger Referent bei der Wettbewerbszentrale.

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts kann Amazon nun noch das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.”

Kommentar

Dieses Urteil ist richtig und wichtig. Bemerkenswert, dass eine Verbraucherschutzorganisation das Verfahren angestrebt hat, denn es betrifft vor allem Händler, welche sich lauter und wettbewerblich fair auf den Marktplätzen bewegen. Für diese wird es nun einfacher, unlautere Wettbewerber im Notice & Takedown-Verfahren zu entfernen. Vor allem bedeutet es, dass die jeweiligen Plattformen vorausschauender handeln müssen.

Die meisten Händler kennen es: wenn das eine Angebot verschwindet, wachsen zig andere sofort nach. Im Grunde ist das dann für alle Betroffenen eine Art Katz-und-Maus-Spiel. Hier die Marktplätze bzw. Plattformen mehr in die Pflicht zu nehmen ist richtig und war längst überfällig.

Ab 01. Jan. 2024: Pfandpflicht auf Milch & Milcherzeugnisse

Zum 1.1.2024 tritt eine Änderung des VerpackG in Kraft und die Pfandpflicht wird erweitert. Die Novelle wurde bereits mit der weitreichenden Änderung des VerpackG im Jahr 2022 eingeführt, entfaltet aber erst ab dem 1.1.2024 Wirkung. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Einwegpfandpflicht auch für Milch- und Milcherzeugnisse in Einweggetränkeflaschen und Getränkedosen. WICHTIG: Keine Übergangsregelung für den Abverkauf >alter< Ware vorgesehen.

Ausweitung der Einwegpfandpflicht

Die Einwegpfandpflicht wurde bereits zum 1.1.2022 ausgeweitet. Danach sieht § 31 Abs. 4 VerpackG vor, dass Hersteller ab 1.1.2022 verpflichtet sind, auf alle Einweggetränkeflaschen mit Kunststoff und auf alle Getränkedosen pauschal 0,25€ Pfand zu erheben. Dies gilt auch für den Online-Handel.

Eine Ausnahme der Pfandpflicht bestand bislang für Milch- und Milcherzeugnisse und Milchmischgetränke mit einem Milchanteil von mind. 50 %. Für diese Produkte gelten die Pfandpflichten nun ab 1.1.2024.

Die entsprechende Regelung enthält § 31 Abs. 4 S. 2 VerpackG. Während Abs. 1 die allgemeine Pfandpflicht enthält, bestimmt Abs. 4 S. 1 die Ausnahmen. Diese galt bisher auch für Milch und  Milcherzeugnisse. Nach Abs. 4 S. 2 findet diese Ausnahme jedoch nur bis zum 31.12.2023 Anwendung.

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden keine Anwendung auf

1. Getränkeverpackungen, die nachweislich nicht dazu bestimmt sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Endverbraucher abgegeben zu werden;

2. Getränkeverpackungen mit einem Füllvolumen von weniger als 0,1 Litern;

3. Getränkeverpackungen mit einem Füllvolumen von mehr als 3,0 Litern;

4. Getränkekartonverpackungen, sofern es sich um Blockpackungen, Giebelpackungen oder Zylinderpackungen handelt;

5. Getränke-Polyethylen-Schlauchbeutel-Verpackungen;

6. Folien-Standbodenbeutel;

7. Getränkeverpackungen, die eines der folgenden Getränke enthalten:

a) Sekt, Sektmischgetränke mit einem Sektanteil von mindestens 50 Prozent und schäumende Getränke aus alkoholfreiem oder alkoholreduziertem Wein;

b) Wein und Weinmischgetränke mit einem Weinanteil von mindestens 50 Prozent und alkoholfreien oder alkoholreduzierten Wein;

c) weinähnliche Getränke und Mischgetränke, auch in weiterverarbeiteter Form, mit einem Anteil an weinähnlichen Erzeugnissen von mindestens 50 Prozent;

d) Alkoholerzeugnisse, die nach § 1 Absatz 1 des Alkoholsteuergesetzes vom 21. Juni 2013 (BGBl. I S. 1650, 1651), das zuletzt durch Artikel 241 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, der Alkoholsteuer unterliegen, es sei denn, es handelt sich um Erzeugnisse, die gemäß § 1 Absatz 2 des Alkopopsteuergesetzes vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1857), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2221) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, der Alkopopsteuer unterliegen;

e) sonstige alkoholhaltige Mischgetränke mit einem Alkoholgehalt von mindestens 15 Prozent;

f) Milch und Milchmischgetränke mit einem Milchanteil von mindestens 50 Prozent;

g) sonstige trinkbare Milcherzeugnisse gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 des Milch- und Margarinegesetzes vom 25. Juli 1990 (BGBl. I S. 1471), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Januar 2019 (BGBl. I S. 33) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere Joghurt und Kefir, wenn den sonstigen trinkbaren Milcherzeugnissen kein Stoff zugesetzt ist, der in der Anlage 8 der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränke- und Teeverordnung vom 24. Mai 2004 (BGBl. I S. 1016), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. Mai 2020 (BGBl. I S. 1075) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt ist;

h) Fruchtsäfte und Gemüsesäfte;

i) Fruchtnektare ohne Kohlensäure und Gemüsenektare ohne Kohlensäure;

j) diätetische Getränke im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c der Diätverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. April 2005 (BGBl. I S. 1161), die zuletzt durch Artikel 60 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die ausschließlich für Säuglinge oder Kleinkinder angeboten werden.

Die Ausnahme nach Satz 1 Nummer 7 gilt nicht, wenn die in Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a bis e, h und i genannten Getränke sowie ab dem 1. Januar 2024 außerdem die in Buchstabe f und g genannten Getränke in Einwegkunststoffgetränkeflaschen abgefüllt sind; § 30a Absatz 3 gilt entsprechend.3Ferner gilt die Ausnahme nach Satz 1 Nummer 7 nicht, wenn die in Satz 1 Nummer 7 genannten Getränke in Getränkedosen abgefüllt sind.

Keine Übergangsregelung vorgesehen

Während für Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen, die ab dem 1.1.2022 erstmals der Pfandpflicht unterlagen, noch bis zum 1.7.2022 abverkauft werden durften, ohne dass ein Pfand erhoben werden muss (§38 Abs. 7 VerpackG), ist ein entsprechender Übergangszeitraum für Milch- und Milcherzeugnisse nicht vorgesehen.

Pfand ist neben dem Gesamtpreis anzugeben

Was die Angabe des Pfands betrifft, so war länger umstritten, ob es in den Gesamtpreis eines Warenangebots mit einzubeziehen ist oder ob dessen Höhe neben dem Preis auszuweisen ist. Im Juni hatte der EuGH auf Vorlage des BGH entschieden, dass ein Pfand nicht in den Gesamtpreis einzubeziehen sei. Dieser Entscheidung hat sich der BGH angeschlossen. Der deutsche Gesetzgeber hatte bereits vor dem Urteil des EuGH an dieser Auffassung bei der Novellierung der PAngV im letzten Jahr festgehalten. Eine entsprechende Bestimmung enthält § 7 PAngV, wonach ein Pfand nicht in den Gesamtpreis einzubeziehen, sondern dessen Höhe neben dem Preis anzugeben ist.

Foto: “Milch” Thomas Kohler unter CC BY 2.0

Urteil: B2B-Klagen gegen Instagram & Co. in Deutschland nicht zulässig | Shadowban

Instagram hat einer Nutzerin einen Shadowban verpasst. Das wollte die Dame nicht auf sich sitzen lassen. Sie nutz die Plattform für gewerblichen Zwecke (so sehen es jedenfalls die Richter des Landgerichts Lübeck). Und deshalb wiesen die Richter die Klage ab. Zuständig sei die amerikanische Gerichtsbarkeit, so das Landgericht (Az.: 15 O 218/23 LG Lübeck v. 05.10.2023)

Wichtig sind die AGB

Entscheiden für das Gericht waren die vereinbarten AGB der Plattform: “Wenn zwischen uns ein Anspruch oder Streitfall entsteht, der im Zusammenhang mit der Nutzung des Dienstes in irgendeiner anderen Eigenschaft steht, wie u. a. der Zugriff auf den Dienst oder seine Nutzung für einen geschäftlichen oder gewerblichen Zweck, stimmst du zu, dass jeder derartige Anspruch oder Streitfall von einem zuständigen Gericht in … zu klären ist und dass … Recht ohne Berücksichtigung kollisionsrechtlicher Bestimmungen Anwendung findet.“

Und die Richter dann so..

Wir erklären uns für nicht zuständig, weil du liebe Klägerin hier nicht als Verbraucherin gehandelt hast. Du hast die Plattform für geschäftliche Zwecke genutzt. Im Gegensatz zu dir haben wir die AGB gelesen und meinen nun, dass du mit deiner Klage in die USA gehen musst. Tschüss.

Die Richter drückten es tatsächlich feiner aus: “Insbesondere aufgrund der eigenen Angaben der Verfügungsklägerin wird deutlich, dass ihre …-Konten derart im Zusammenhang mit ihrer gewerblichen Tätigkeit als Model bzw. auf ihrem … Kanal stehen, dass von einer reinen Nutzung der …-Accounts als Verbraucherin nicht ausgegangen werden kann. Sie selbst gibt an, dass diese Profile auf … für sie von existenzerhaltender Bedeutung seien. Würden sie nur privaten Zwecken dienen, so hätten sie keinen Einfluss auf die berufliche Tätigkeit und die Existenz der Verfügungsklägerin.”

Andere Gerichte, andere Urteile wg. Shadowban

Das Landgericht Magdeburg sprang auf die gewerbliche Tätigkeit nicht an und erkannte bei ähnlichem Sachverhalt seine Zuständigkeit an und entschied für die Klägerin. (Az.: 2 O 344/22 *072*)

Tatbestand

Die Beklagte betreibt weltweit das Soziale Netzwerk „Instagram”. Die Klägerin nutzte

bzw. nutzt mehrere Profile auf diesem, insbesondere mit dem Ziel ihre Reichweite zu

erweitern und die Accounts durch so mögliche Akquise möglicher Werbepartner zukünftig auch gewerbsmäßig zu nutzen. Zu diesem Zweck postet sie insbesondere Beiträge, die sie leicht bekleidet zeigen.”

Fazit

B2B Klagen gegen Instagram & Co. können also, wenn dem Urteil des LG Lübeck gefolgt, einfach abgebügelt werden. Demensprechend werden die Rechte der nicht privaten Nutzer der Plattform faktisch erheblich eingeschränkt. Denn wer nimmt es schon auf sich in den USA die Plattform(-en) zu verklagen.

Da Social Media Accounts wirtschaftlich existentiell sein können ist das Urteil des LG Lübeck für gewerbliche Nutzer dramatisch. Denn sie können sich kaum in vertretbarer Art und Weise gegen Fehlentscheidungen von Social Media Plattformen wehren.